Rn. 285

Stand: EL 130 – ET: 09/2018

Ein evtl zu berücksichtigender Aufgabegewinn, in dem die stillen Reserven des BV erfasst werden, lässt sich durch Gegenüberstellung des bis zum Aufgabe- bzw Veräußerungszeitpunkts fortentwickelten letzten BV als sog Aufgabe-Anfangsvermögen u des sich durch Ansatz der Werte des § 14 EStG iVm § 16 Abs 3 EStG ergebenden sog Aufgabe-Endvermögens ermitteln (BFH v 07.03.1996, BStBl II 1996, 415). Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der luf Betrieb veräußert wird, so ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gem § 16 Abs 3 EStG zu Grunde zu legen (BFH v 11.10.2007, BStBl II 2008, 465 unter II.2.a.). Im Aufgabe-Anfangsvermögen sind die WG mit ihrem Buchwert (Grund u Boden evtl mit Werten nach § 55 EStG) auszuweisen, während sie im Aufgabe-Endvermögen mit ihrem jeweiligen gemeinen Wert anzusetzen sind, wobei evtl vorhandene Verbindlichkeiten wegen ihrer Gewinnneutralität grundsätzlich außer Betracht bleiben. Der Aufgabegewinn besteht demzufolge in der Differenz zwischen dem gemeinen Wert u dem Buchwert der einzelnen WG (BFH v 17.06.1998, BStBl II 1998, 727).

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, wie es zur Bildung der stillen Reserven gekommen ist; diese können gelegt worden sein durch in der Vergangenheit in Anspruch genommene Bewertungswahlrechte (Gewinnübertragungen nach §§ 6b, 6c EStG bzw nach R 6.6 EStR 2012, Inanspruchnahme von Sonder-AfA bzw erhöhten AfA usw) o durch (inflationsbedingte) Wertsteigerungen bei den einzelnen WG, insb beim Grund u Boden.

Wie in Rn 282a ausgeführt (s Rn 282a), ist ein unentgeltlicher (Einzel- wie auch Gesamt-)Rechtsnachfolger bei der Bestimmung des zeitlichen Horizonts, innerhalb dessen ein Totalgewinn erzielbar sein soll, einzubeziehen; hieraus ergibt sich mE auch, dass diejenigen stillen Reserven, die beim Rechtsvorgänger entstanden, aber fiktiv durch ihn bereits für den anzustellenden Verlustausgleich in Anspruch genommen worden sind, im Falle einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge nicht auf den Rechtsnachfolger übergehen können, weil es ansonsten zu dem unhaltbaren Ergebnis käme, dass ein u dieselben stillen Reserven sowohl beim Rechtsvorgänger (zum Ausgleich dessen laufender Verluste mit prognostizierten stillen Reserven) als auch beim Rechtsnachfolger, also zweimal in die Totalgewinnprognose einbezogen werden würden. Wenngleich eine derartige Rechtsfolge auf den ersten Blick nicht sachgerecht erscheinen mag, insb weil der unentgeltliche Rechtsnachfolger bei einer tatsächlichen Betriebsveräußerung o -aufgabe wegen § 6 Abs 3 EStG die vollen im Betrieb vorhandenen stillen Reserven versteuern muss, ist sie mE unter dem Blickwinkel des Abstellens auf die Betriebsbezogenheit gleichwohl zwingend; zum gleichen Ergebnis käme man allerdings auch, wenn mit der Auffassung, dass die stillen Reserven auf den unentgeltlichen Rechtsnachfolger übergehen, verbunden wäre, dass dieser sich dann auch die bereits vom Rechtsvorgänger erzielten Verluste anrechnen lassen muss.

Bilden sich im BV erhebliche stille Reserven, was insb der Fall sein kann, wenn bislang landw genutzter Grund u Boden zu Bauland wird, kann dies uU dazu führen, dass selbst dauerhaft anfallende laufende Verluste aus einem nicht nach betriebswirtschaftlich Grundsätzen geführten luf Betrieb Jahr für Jahr einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, so lange jedenfalls, als die kumulierten Verlust die vorhandenen stillen Reserven nicht übersteigen u somit nach wie vor ein Totalgewinn erzielbar ist. Dieses Ergebnis mag zugegeben unbefriedigend erscheinen, weil lediglich nicht leistungsbezogene Wertsteigerungen eine ansonsten anzunehmende Liebhaberei verdecken, ist aber gleichwohl zwangsläufig, weil das Gesetz unterschiedslos stille Reserven in die Besteuerung einbezieht, gleichviel ob sie auf Aktivitäten des StPfl zurückzuführen sind o ihm leistungslos zugewachsen sind.

Die vorstehenden Ausführungen dürfen jedoch nicht missverstanden werden. Von einer Liebhaberei ist nicht erst dann auszugehen, wenn die aufgelaufenen Verluste die vorhandenen stillen Reserven aufgezehrt haben (so wohl Leingärtner/Kanzler, Kap 4 Rz 7 u 23), sondern schon dann, wenn der auf die verbleibende Gesamtdauer der Betätigung (die Dauer der Betriebsinhaberschaft) hochgerechnete Verlust die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen stillen Reserven übersteigt, weil der Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei nicht dadurch bestimmt wird, dass die aufgelaufenen Verluste die stillen Reserven übersteigen, sondern dadurch, dass ein Totalverlust zu erwarten ist und der StPfl keine Gewinnerzielungsabsicht (mehr) hat (BFH v 13.04.2011, BFH/NV 2011, 1137).

Andererseits können spekulative Wertsteigerungen, die lediglich rein theoretischer Natur bzw als Glücksfälle zu werten sind, nicht in eine Totalgewinnprognose einbezogen werden, weil mit derartigen Gewinnen nicht ernsthaft gerechnet werden kann (BFH v 26.01.1970, BStBl II 1970, 264; BFH v 22.01.1981, BStBl II 1981, 424; BFH v 19.07.1990, BStBl II 1991, 333; ...

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