Rn. 54a

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die Be- oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse erfolgte nur dann im Rahmen eines luf Nebenbetriebs, wenn in diesem überwiegend im eigenen luf Hauptbetrieb erzeugte (Roh-)Stoffe be- oder verarbeitet werden (R 15.5 Abs 3 S 1 Nr 1 EStR 2012 sowie BFH v 07.03.1957, BStBl III 1957, 165; BFH v 27.11.1997, BStBl II 1998, 359 zu einer Brennerei). Überwiegen heißt, dass die eingesetzten Eigenerzeugnisse mehr als 50 % betragen müssen (BMF v 19.10.2017, BStBl I 2017, 1431). Erreicht die Verarbeitung eigener Rohstoffe diesen Umfang nicht, wird der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichem Betrieb und Nebenbetrieb gelöst, weil Letzterer seine Produktionsgrundlage in der Hauptsache nicht mehr in dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb hat. Für die Überwiegensfrage ist auf die eingesetzte Rohstoffmenge abzustellen, die sich idR am Gewicht der verwendeten Rohstoffe orientiert; lediglich bei Brennereien sowie bei der Erzeugung von Biogas wird auf die in den Rohstoffen enthaltene Ausbeute bzw Stärkemenge abzustellen sein (für Brennereien vgl BMF v 02.04.1991, BStBl I 1991, 496; für Biogasanlagen vgl BMF v 06.03.2006, BStBl I 2006, 248); im Weinbau kommt die Abgrenzbarkeit in Litern auch in Betracht (BMF v 19.10.2017, BStBl I 2017, 1431, dort Tz 2).

Eine Verselbstständigung des Nebenbetriebs kann aber auch dann gegeben sein, wenn in diesem zwar überwiegend im eigenen luf Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- und verarbeitet werden, aber andere nach außen auftretende Merkmale für dessen Gewerblichkeit sprechen, wie zB der Betrieb der Brennerei unter eigener handelsrechtlich eingetragener Firma oder durch Teilnahme am Wirtschaftsleben als selbstständiges gewerbliches Unternehmen, mit eigener Fabrikmarke, eigener Flaschenaufmachung und dgl mehr (RFH v 17.09.1931, RStBl 1931, 872). Werden danach im Nebenbetrieb nicht überwiegend im luf Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe verwertet oder hat sich der Nebenbetrieb aufgrund anderer Merkmale verselbstständigt, handelt es sich insoweit um einen Gewerbebetrieb, der steuerrechtlich vom luf Betrieb getrennt zu beurteilen ist, wenn zwischen diesen beiden Betrieben keine wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Auch beim Vorhandensein wirtschaftlicher Verbindungen zwischen den beiden Betrieben kann noch eine getrennte Beurteilung in Betracht kommen, wenn die Verbindung zwischen diesen zufällig, vorübergehend und ohne Nachteile für das Gesamtunternehmen lösbar ist.

Geht die wirtschaftliche Verbindung zwischen den beiden Betrieben allerdings darüber hinaus und ist sie planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollt, sodass die eine Art der Betätigung der anderen zu dienen bestimmt ist und die Betätigung insgesamt auch nach der Verkehrsauffassung als Einheit erscheint, so liegt ein einheitlicher Betrieb vor. Dieser ist entweder ein luf Betrieb mit einem gewerblichen Nebenbetrieb (wie zB Sägewerk oder einer Brennerei), der insgesamt als luf Betrieb zu würdigen ist, oder gewerblicher Betrieb mit einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb (wie zB eine Landwirtschaft, die planmäßig im Interesse einer Gastwirtschaft oder Metzgerei geführt wird – BFH v 16.12.1965, BStBl III 1966, 193; BFH v 04.10.1984, BStBl II 1985, 133; BFH v 01.02.1990, BStBl II 1991, 625), der insgesamt als einheitlicher Gewerbebetrieb anzusehen ist. Letztendlich soll nach BFH-Rspr (BFH v 13.09.1985, BFH/NV 1986, 278) darauf abzustellen sein, ob der (gewerbliche) Hauptbetrieb von einer Auflösung der Lieferbeziehungen (negativ) betroffen wäre; ist dies nicht der Fall, weil zB die Lieferungen des luf Betriebs an den Gewerbebetrieb dort nur einen geringen Teil der Gesamterlöse ausmachen, handelt es sich um zwei eigenständige Betriebe.

Betreibt eine PersGes sowohl eine LuF als auch einen Gewerbebetrieb, der aber den Charakter eines luf Nebenbetriebs hat, erzielen die Gesellschafter insgesamt Einkünfte nach § 13 EStG, während dann, wenn der Gewerbebetrieb (wie zB eine Brennerei, die in erheblichem Umfang Trinkbranntwein aus zugekauftem Alkohol herstellt) nicht Nebenbetrieb zur Landwirtschaft ist, ihr gesamter Gewinn zu gewerblichen Einkünften führt (BFH v 10.11.1983, BStBl II 1984, 152), weil eine (auch nur teilweise) gewerblich tätige PersGes nur insgesamt gewerbliche Einkünfte haben kann; dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der PersGes um eine OHG oder KG bzw um eine sonstige Gesellschaft (wie zB GbR) handelt, bei denen die Gesellschafter Mitunternehmer des Betriebs sind (BFH v 11.05.1989, BStBl II 1989, 797). Jedoch ist die relative Bagatellgrenze von 3 % der Nettoerlöse auf den Gesamtumsatz bezogen sowie die absolute Grenze von 24 500 EUR zu beachten (BFH v 27.08.2014, BStBl II 2015, 996; 2015, 999; 2015, 1002) und H 15.8 Abs 5 EStH 2020 "Bagatellgrenze"). Vorrangig sollte in diesen Grenzfällen geprüft werden, ob nicht etwa die beiden Betätigungen in zwei getrennten (personenidentischen) Gesellschaften geführt werden, wobei es für die Beurteilung dieser Frage entscheidend da...

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