Rn. 684

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Nach § 10 Abs 2 S 1 Nr 1 Hs 1 EStG können Vorsorgeaufwendungen iSd § 10 Abs 1 Nr 2, 3 3a EStG nicht als SA abgezogen werden, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Zweck der Regelung ist es, eine doppelte steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen auszuschließen (Krüger in Schmidt, § 10 EStG Rz 160). Die Vorschrift ist mit § 3c Abs 1 EStG vergleichbar, der für den Abzug von WK und BA eine entsprechende Regelung enthält (Lindberg in Frotscher/Geurts, § 10 EStG Rz 175). Die von der Rspr zu § 3c EStG entwickelten Grundsätze können daher auch iRd § 10 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG herangezogen werden.

 

Rn. 685

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht bereits dann, wenn die Vorsorgeaufwendungen und die steuerfreien Einnahmen nach Entstehung und Zweckbestimmung so miteinander verbunden sind, dass die Ausgaben ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen sind, die die steuerfreien Einnahmen betreffen (BFH BStBl II 1981, 16). Entsprechend der Auslegung zu § 3c EStG ist es auch iRd § 10 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG nicht erforderlich, dass Vorsorgeaufwendungen und steuerfreie Einnahmen in einem finalen Zusammenhang stehen (BFH BStBl II 1993, 149; 1981, 16).

Das Abzugsverbot ist also nicht beschränkt auf steuerfreie Einnahmen, die zweckgebunden zur Bestreitung von Vorsorgeaufwendungen bezogen werden, sondern greift bereits dann ein, wenn Einnahmen und Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind (Krüger in Schmidt, § 10 EStG Rz 160). Vorsorgeaufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreiem Arbeitslohn sind daher grundsätzlich nicht als SA abziehbar (BFH BStBl II 2012, 721; BMF v 24.05.2017, BStBl I 2017, 820 Tz 199).

Als Ausnahme hiervon wird nach § 10 Abs 2 S 1 Nr 1 2 Hs 2 EStG ein Abzug für steuerfreie Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit in EU/EWR-Fällen zugelassen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vorsorgeaufwendungen

(1) in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit eines EU- oder EWR-Staates stehen,
(2) nach einem DBA im Inland steuerfrei sind und
(3) der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung dieser Vorsorgeaufwendungen im Rahmen seiner Besteuerung zulässt.

Damit können Alters- und Vorsorgeaufwendungen und Krankenversicherungsbeiträge von in einem EU-Staat tätigen, aber in Deutschland wohnenden ArbN, dessen Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der inländischen Besteuerung freigestellt ist, als SA iRd § 10 Abs 1 Nr 2, 3 u 3a EStG abgezogen werden. Die gesetzliche Anpassung für EU/EWR-Fälle erfolgte im Zuge des des UStAVermG v 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338 in Reaktion auf das Urt des EuGH BStBl II 2017, 1271 – "Bechtel" (Vorlage durch BFH BStBl II 2016, 205) und ist gemäß § 52 Abs 18 S 4 EStG auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Zuvor hatte das BMF in Vorgriff auf eine gesetzliche Anpassung mit BMF v 11.12.2017, BStBl I 2017, 1624 bereits einen SA-Abzug für alle offenen Fälle zugelassen.

Die Finanzierung der Vorsorgeaufwendungen ist für das Abzugsverbot weitgehend unerheblich (BFH BStBl II 2012, 721). Für einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang ist ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Vorsorgeaufwendungen und den steuerfreien Einnahmen nicht erforderlich. Es muss weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Verpflichtung bestehen, mit den steuerfreien Einnahmen Versicherungsbeiträge zu finanzieren (Hutter in Blümich, § 10 EStG Rz 217).

 

Rn. 686

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Zu den steuerfreien Einnahmen, die in einem unmittelbareren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vorsorgeaufwendungen stehen, gehören zB

  • gemäß § 3 Nr 62 EStG steuerfreie Ausgaben des ArbG für die Zukunftssicherung des ArbN,
  • der ArbN-Anteil am Sozialversicherungsbeitrag, wenn die entsprechenden Einnahmen steuerfrei sind, wie zB bei Einnahmen im Zusammenhang mit nichtselbstständiger Tätigkeit, die nach einem DBA steuerfrei sind und nicht aus einem EU oder EWR Staat (also einem Drittland) erzielt werden (s Rn 685). Die bisherige Rspr des BFH hierzu (BFH BStBl II 1993, 149; 1981, 16; BFH/NV 2011, 773; 2016, 401) ist einschränkend mit Blick Drittlandsfälle auszulegen.
  • steuerfreie Beträge, die LuF nach dem G über die Alterssicherung der Landwirte zur Entlastung von Vorsorgeaufwendungen iSd § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst a EStG erhalten (BMF v 24.05.2017, BStBl I 2017, 820 Tz 199).
  • gemäß § 3 Nr 14 EStG steuerfreie Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung,
  • Beträge, die die Künstlersozialkasse gemäß § 3 Nr 57 EStG an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt,
  • bestimmte Sonderleistungen für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende als Ersatz für Beiträge zu einer Kranken-, Unfall- oder Haftpflichtversicherung gemäß § 7 UnterhaltssicherungsG,
  • Beiträge zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung, die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge