Rn. 104

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Für Mitglieder von NATO-Truppen, von zivilen Gefolgen oder technischen Fachkräften sowie deren Angehörige gelten Zeitabschnitte, in denen sie sich nur in dieser Eigenschaft im Inland aufhalten, nicht als Zeiten des Aufenthalts im Inland oder als Änderung des Aufenthaltsorts oder Wohnsitzes (Art X Abs 1 S 1 NATO-Truppenstatut v 19.06.1951 sowie Art 68 Abs 4 und 73 Zusatzabkommen v 03.08.1959, BGBl II 1961, 1183, 1190, 1218; BGBl II 1994, 2598).

Sie müssen sich ausschließlich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der oben genannten Bereiche im Inland aufhalten. Dies ist der Fall, wenn nach den gesamten Lebensumständen erkennbar ist, dass die betreffende Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen ist, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangsstaat oder in ihren Heimatstaat zurückzukehren (BFH v 09.11.2005, I R 47/04, BStBl II 2006, 374 und BFH v 18.09.2012, I B 10/12, BFH/NV 2013, 27 mwN). Basiert die Anwesenheit im Inland nicht mehr allein und ausschließlich auf der Tätigkeit bei den NATO-Truppen, zivilen Gefolgen oder als technische Fachkraft, ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8 9 AO unbeschränkte StPfl anzunehmen (BFH v 18.09.2012, I B 10/12, BFH/NV 2013, 27).

Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der durch den Sonderstatus geprägte Aufenthalt im Inland eindeutig und dauerhaft durch sonstige, insb private Umstände und Motive überlagert und bestimmt wird, wie es bspw bei Eheschließung mit einem hier wohnhaften und berufstätigen Ehepartner der Fall sein kann (s BFH v 24.02.1988, I R 69/84, BStBl II 1989, 290; BFH v 24.02.1988, I R 121/84, BFH/NV 1988, 632; BFH v 26.04.1991, III R 104/89, BFH/NV 1992, 373). Es handelt sich hierbei nur um ein Indiz, das iRd vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zu würdigen ist, ob der Betreffende zur Rückkehr in den Ausgangs- oder Heimatstaat fest entschlossen ist (BFH v 18.09.2012, I B 10/12, BFH/NV 2013, 27; zur sog "Nichtwohnsitzfiktion" eines seit rd 30 Jahren in Deutschland lebenden und als technische Fachkraft beschäftigten US-Bürgers s auch FG He v 03.06.2019, 2 K 534/16, EFG 2019, 966 – Rev anhängig unter I R 35/19). Maßgeblich sind die Lebensumstände des jeweiligen Besteuerungszeitraums, nicht das spätere Verhalten des Betreffenden, das jedoch indiziell herangezogen werden darf (BFH v 26.05.2010, VIII B 272/09, BFH/NV 2010, 1819). Zur Frage des Nachweises des Rückkehrwillens als innere Tatsache s FG RP v 28.10.2014, 3 K 1765/12, EFG 2015, 190 (nicht beanstandet durch BFH v 21.09.2015, I R 72/14, BFH/NV 2016, 28). Die Grundsätze des Anscheinsbeweises können für diese Beurteilung nicht angewendet werden, weil es an dem erforderlichen typischen Geschehensablauf fehlt (BFH v 21.09.2015, I R 72/14, BFH/NV 2016, 28).

Ausgenommen von der Privilegierung sind (nur) solche ArbN, die bereits vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet haben und wegen dieses Umstands (bereits) unbeschränkt stpfl sind (BFH v 02.10.2008, VI B 132/07, BFH/NV 2009, 21). Zahlungen der NATO an einen im Inland unbeschränkt StPfl für seine Tätigkeit bei der ISAF (International Security Assistance Force) in Afghanistan unterliegen in vollem Umfang der inländischen EStPfl (FG RP v 30.07.2019, 5 K 1077/17, EFG 2019, 1515 – Rev anhängig unter I R 43/19). Bisher wurden solche Zahlungen ohne Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt.

Auf NATO-Truppenmitglieder, die deutsche Staatsangehörige sind, ist diese Vorschrift im Inland nicht anzuwenden (Art X Abs 4 NATO-TS und Art 68 Abs 4 ZA v 03.08.1959). Befinden sich Bundeswehrsoldaten jedoch als Mitglieder eines NATO-Truppenteils im Ausland, tritt wegen der analogen Anwendung der Vorschrift keine unbeschränkte StPfl im Ausland ein.

Die Steuerbefreiung ist auf die von dem Entsendestaat gezahlten Truppenbezüge beschränkt (Art X Abs 1 S 2 NATO-TS, Art 68 Abs 4 ZA v 03.08.1959), mit anderen Bezügen sind sie beschränkt stpfl (s Heinicke in Schmidt, § 1 EStG Rz 39).

 

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Stand: EL 151 – ET: 06/2021

vorläufig frei

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