• 2019

Anzahlungen / Notaranderkonten / Forward Purchase Deals / Forward Funding Deals / § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG

 

Fraglich ist, ob beim Kauf einer Immobilie die Vorauszahlung von Kaufpreisteilen die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage erhöht. Die sich daraus ergebenden Kapitalnutzungsvorteile könnten als Leistung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG anzusehen sein. Werden Anzahlungen vor der Übergabe des Grundstücks erbracht, liegt ein Anwendungsfall von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vor. Die vorzeitige Möglichkeit der Kapitalnutzung stellt eine sonstige Leistung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dar. Zu bewerten ist die Kapitalnutzungsmöglichkeit nach § 15 Abs. 1 BewG. Statt des Zinssatzes von 5,5 % kann – wie im Rahmen der ErbSt/SchenkSt auch - der nachgewiesene niedrigere marktübliche Zinssatz angesetzt werden. Werden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen erste Kaufpreisraten auf ein Notaranderkonto gezahlt, erfolgt eine entsprechende Auszahlung an den Verkäufer erst im Zeitpunkt des Closing. Sonstige Leistungen i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG liegen regelmäßig nicht vor, da der Verkäufer vor der Auszahlung der entsprechenden Beträge nicht die Möglichkeit hat, das Kapital zu nutzen. Wird in diesen Fällen eine Kapitalnutzungsmöglichkeit bejaht, dürfte bei der Berechnung der Zeitdauer des Nutzungsvorteils auf den Zeitraum ab der tatsächlichen Zurverfügungstellung des Kapitals – also auf den Zeitpunkt der Auszahlung - abzustellen sein. Forward Deals sind dadurch gekennzeichnet, dass ein zu bebauendes Grundstück erworben wird, wobei sich der Verkäufer zur Bebauung verpflichtet. Beim Forward Purchase Deal wird der Kaufpreis erst bei Fertigstellung der Immobilie gezahlt. Eine vorzeitige Kapitalnutzungsmöglichkeit besteht nicht. Anders ist die in den Fällen des Forward Funding Deals. Hier werden Teile des Kaufpreises bereits vor der Fertigstellung der Immobilie gezahlt. Entsprechen die vereinbarten Teilzahlungen den Regelungen der MaBV, liegen keine sonstigen Leistungen i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG in Form einer vorzeitigen Kapitalnutzungsmöglichkeit vor (BFH v. 25.4.2002, II R 57/00). Fraglich ist, ob dies auch dann gilt, wenn von den Regelungen der MaBV zwar abgewichen wird, die vereinbarten Teilleistungen aber auf der Grundlage des Baufortschritts zu erbringen sind. Dies dürfte auf Grund der gegebenen Vergleichbarkeit zu bejahen sein. Eine Ausnahme dürfte allerdings dann in Betracht kommen, wenn das Verhältnis zwischen den Teilzahlungen und den Baufortschritten grob unausgewogen ist.

(so Haisch/Pospich, Advance Payments und Forward Deals im Grunderwerbsteuerrecht, BB 2019, 1052)

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