• 2019

Verhältnis zwischen den einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsnormen und § 42 AO / § 42 AO

 

Fraglich ist das Verhältnis zwischen den einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsnormen und § 42 AO. Grundsätzlich versperren die einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsnormen den Rückgriff auf § 42 AO. Geltung hat dies auch dann, wenn nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen der einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsnorm erfüllt sind (Hessisches FG v. 29.11.2017, 4 K 127/15, Az. des BFH: I R 2/18). Die einzelsteuergesetzliche Missbrauchsregelung kann nicht durch einen Rückgriff auf § 42 AO unterlaufen werden. Etwaige Regelungslücken müssen durch den Gesetzgeber geschlossen werden. Ob eine einzelsteuergesetzliche Norm der Missbrauchsabwehr dient, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Werden allerdings innerhalb der einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsnorm deren Tatbestandsmerkmale umgangen, findet § 42 AO Anwendung (FG Hamburg v. 27.6.2017, 6 K 127/16, Az. des BFH: I R 52/17). Da beide Urteile beim BFH anhängig sind, besteht für den BFH die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen den einsteuergesetzlichen Missbrauchsnormen und § 42 AO näher zu konkretisieren.

(so Jordan, Kein Gestaltungsmissbrauch bei Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft - Verhältnis spezieller Missbrauchsvorschriften zu § 42 AO, NWB 2019, 251)

• 2020

Branchenübliche Geschäfte unter fremden Dritten als Gestaltungsmissbrauch / Cum/Cum-Gestaltungen / § 42 AO

 

Bei Kapitalerträgen im Zusammenhang mit Cum/Cum-Gestaltungen gilt ab dem 1.1.2016 die Regelung in § 36a EStG. Fraglich ist, ob derartige Gestaltungen vor dem 1.1.2016 - so die Auffassung der FinVerw (BMF v. 17.7.2017, BStBl I 2017, 986) - generell als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i. S. v. § 42 Abs. 2 AO angesehen werden können. Dies dürfte grundsätzlich zu verneinen sein. Auch branchenübliche Geschäfte können dem Anwendungsbereich von § 42 Abs. 2 AO unterfallen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Norm vorliegen. Auch die jahrzehntelange Kenntnis des Gesetzgebers von derartigen Gestaltungen führt nicht zu einem Anwendungsausschluss von § 42 Abs. 2 AO. Ausgeschlossen sein dürfte in diesen Fällen aber die wohl für die Anwendung von § 42 Abs. 2 AO erforderliche Missbrauchsabsicht. Auch eine unangemessene rechtliche Gestaltung bei einem Dritten kann zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führen. Dieser kann dem Stpfl. aber nur dann zugerechnet werden, wenn eine hinreichende Nähebeziehung zwischen dem Dritten und dem Stpfl. besteht. Ob Cum/Cum-Gestaltungen in den Jahren vor dem 1.1.2016 in den Anwendungsbereich von § 42 AO fallen, muss im jeweils konkreten Einzelfall geprüft werden. Es dürfte fragwürdig sein, in diesen Fällen generell von einem Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 Abs. 2 AO auszugehen.

(so Drüen, Branchenübliche Geschäfte unter fremden Dritten als Gestaltungsmissbrauch iSv § 42 AO?, DStR 2020, 1465)

• 2021

Verhältnis von einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschriften zu § 42 AO / § 42 AO

 

Fraglich ist das Verhältnis von 42 AO zu einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschriften. Mit dieser Problematik hat sich der BFH in seinem Urteil v. 17.11.2020, I R 2/18 auseinandergesetzt. Ist danach der Tatbestand einer einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschrift erfüllt, gilt § 42 AO nicht. Liegen dagegen die Voraussetzungen der einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschrift nicht vor, entfaltet diese keine Abschirmwirkung gegenüber § 42 AO. § 42 Abs. 2 AO ist also anwendbar. Allerdings sind hierbei die Wertungen des Gesetzgebers, die der von ihm geschaffenen einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschrift zugrunde liegen, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu berücksichtigen. Daneben gelten die allgemeinen von der Rechtsprechung zu § 42 AO entwickelten Auslegungsgrundsätze (Wahl eines ungewöhnlichen Wegs; Gestaltung ohne erkennbaren wirtschaftlichen Zweck). Der Auffassung des BFH dürfte zu folgen sein. Demgegenüber hat die FinVerw im Verfahren vor den BFH die Auffassung vertreten, dass die Neufassung von § 42 AO zu einer Loslösung von den Wertungen der jeweiligen einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschrift geführt hat. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber § 42 AO erneut ändert. Diese dürfte aber aufgrund der insoweit gefestigten Rechtsprechung nicht zu einer völligen Loslösung von den Wertungen des Gesetzgebers im Rahmen der jeweiligen einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschriften führen.

(so Blumenberg/Bernard, Kein Gestaltungsmissbrauch bei rückwirkender Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft – Zum Handel von „Gewinnmänteln“, DB 2021, 1491)

Verhältnis von einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschriften zu § 42 AO / Auswirkungen auf die Gestaltungsberatung / § 42 AO

 

Der BFH hat sich in seinem Urteil v. 17.11.2020, I R 2/18 mit dem Verhältnis von 42 AO zu den einzelsteuergesetzlichen Umgehungsverhinderungsvorschriften ...

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