• 2020

Vor- und Nacherbschaft / Umfang der Bereicherung des Vorerben / Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit / § 6 Abs. 1 ErbStG

 

Nach der Rechtsprechung unterliegt der zivilrechtliche Erwerb des Vorerben in vollem Umfang – wie bei einem Vollerben – der Besteuerung. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise findet insoweit keine Anwendung mit der Folge, dass mit dem Vorerwerb einhergehende Verfügungsbeschränkungen sowie sonstige Beschwerungen nicht berücksichtigt werden. Dies dürfte mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht vereinbar sein. Das objektive Nettoprinzip, welches sowohl nach Auffassung des BFH als auch des BVerfG auch im Rahmen der ErbSt gilt, rechtfertigt nur eine Besteuerung im Umfang der Bereicherung des Erben. Geltung haben muss dies auch beim Vorerben. Von daher sind bei der Ermittlung der Bereicherung des Vorerben mit der Vorerbschaft einhergehende Verfügungsbeschränkungen und sonstige Beschwerungen zu berücksichtigen. Dem dürfte auch die Regelung in § 20 Abs. 4 ErbStG nicht entgegenstehen. Des Weiteren dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Gleichbehandlung des nichtbefreiten Vorerben mit einem Vollerben und die Ungleichbehandlung dieses Vorerben mit dem Nießbraucher mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind.

(so Bowitz, Der Wertungswiderspruch zwischen § 6 Abs. 1 ErbStG und § 10 Abs. 1, Abs. 5 ErbStG in der Rechtsprechung, BB 2020, 2274)

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