Leitsatz

Ein Leiharbeitnehmer, der nach arbeitsvertraglicher Regelung an wechselnden Orten eingesetzt werden soll, tatsächlich aber nur an einem einzigen Ort tätig wird, begründet dort nach einem Urteil des FG Düsseldorf eine regelmäßige Arbeitsstätte. Die zeitliche Betrachtungsweise ("ex ante" oder "ex post") spielt dabei eine besondere Rolle.

 

Sachverhalt

Leiharbeitnehmer A nahm im Jahr 2007 ein Arbeitsverhältnis bei einer Leiharbeitsfirma auf. Sein Mitarbeitervertrag sah vor, dass er an verschiedenen Orten eingesetzt werden sollte. Diese Flexibilität wurde ihm in der Folgezeit jedoch nicht abverlangt, vielmehr wurde er seit dem Tag seiner Einstellung in ein und demselben Terminalbereich eines Flughafens eingesetzt.

In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte A schließlich die Fahrtkosten zum Flughafen mit 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer geltend. Er sah seine arbeitstäglichen Einsätze als beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit an und argumentierte, dass er nach seinem Arbeitsvertrag von wechselnden Arbeitsorten ausgehen musste und sich deshalb zu Beginn seiner Tätigkeit ("ex ante"-Betrachtung) nicht auf einen dauerhaften Einsatz an einem gleichbleibenden Ort einstellen konnte. Eine Beurteilung aus nachträglicher Sicht (sog. "ex post"-Betrachtung) ergibt zwar, dass ein dauerhafter Einsatz an einem einzigen Ort erfolgt ist - diese Betrachtungsweise ist aber unzulässig.

Das Finanzamt nahm hingegen eine regelmäßige Arbeitsstätte an und gewährte dem A nur die ungünstigere Entfernungspauschale.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass der Flughafen die regelmäßige Arbeitsstätte des A war und daher zu Recht nur die Entfernungspauschale gewährt wurde.

Ob ein Arbeitnehmer seine Fahrtkosten nur begrenzt im Wege der Entfernungspauschale abziehen kann, bestimmt sich nach seiner Möglichkeit der Kostenminimierung. Das heißt: Nur wenn er sich von vornherein auf die immer gleichen Wege zur Arbeit einstellen kann, kann er auch seine tatsächlichen Fahrtkosten mindern, indem er beispielsweise Fahrgemeinschaften bildet oder seinen Wohnsitz verlegt. Nur in diesen Fällen ist es gerechtfertigt, ihm die ungünstigere Entfernungspauschale (statt den tatsächlichen Kostenabzug) zu gewähren. Aus diesem Gedanken folgt, dass das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte nur im Wege einer "ex-ante"-Betrachtung (ausgehend vom Beginn der Tätigkeit) beurteilt werden kann. Im Urteilsfall muss diese vorwärtsgewandte Betrachtung von einem damaligen Zeitpunkt aus aber vom Beginn des Jahres 2009 ausgehend erfolgen. Dies folgt aus dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Für die Frage, ob sich der Arbeitnehmer Anfang 2009 auf den dauerhaften Arbeitsort einstellen konnte, ist nicht nur auf die Regelung im Arbeitsvertrag abzustellen, sondern auch auf die tatsächliche Arbeitssituation der Vorjahre 2007 und 2008. Aus seinen tatsächlichen Arbeitseinsätzen der Vergangenheit konnte A schließen, dass er auch im Jahr 2009 voraussichtlich dauerhaft am Flughafen eingesetzt wird. Dieser Umstand rechtfertigt es im Ergebnis, für 2009 von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auf dem Flughafengelände auszugehen.

 

Hinweis

Die Revision ist unter dem Az. VI R 18/12 beim BFH anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2012, 11 K 3870/10 E

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