BMF, 29.3.2017, IV A 3 - S 0338/16/10004

Verfahrensrechtliche Folgerungen aus dem BFH-Urteil vom 1.6.2016 – X R 17/15 – zur Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung um Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenversicherung für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V)

Bezug: BMF-Schreiben vom 6.12.2016 – IV C 3 – S 2221/12/10008 :008, DOK 2016/1004920 – (BStBl 2016 I S. 1426);
  BMF-Schreiben vom 20.1.2017 – IV A 3 – S 0338/07/10010, DOK 2016/1155366 – (BStBl 2017 I S. 66); TOP 24 der Sitzung AO I/2017 vom 8. bis 10.3.2017

Nach dem BMF-Schreiben vom 6.12.2016 zur einkommensteuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenversicherung für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V) sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 1.6.2016 – X R 17/15 – (BStBl 2016 II S. 989) über den Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden. Im Rahmen der verfahrensrechtlichen Umsetzung dieses Urteils kann eine Änderung der betroffenen Einkommensteuerbescheide nach § 165 Absatz 2 Satz 2 AO (siehe Abschnitt I dieses Schreibens) und/oder nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung; siehe Abschnitt II dieses Schreibens) bei Vorlage einer Bescheinigung der gesetzlichen Krankenversicherung (siehe Abschnitt III dieses Schreibens) erfolgen.

Für die Änderung der Einkommensteuerbescheide gilt hierbei im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

 

I. Nach § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 AO vorläufig ergangene Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2010

Werden dem Steuerpflichtigen von seiner gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen eines Bonusprogramms zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens (§ 65a SGB V) Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten und damit von den Versicherten vorab privat finanziert worden sind (sog. „Kostenerstattungsfälle”), liegt dem BFH-Urteil folgend eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung und gerade keine Beitragsrückerstattung vor (siehe ausführlich BMF-Schreiben vom 6.12.2016, BStBl 2016 I S. 1426). Soweit Einkommensteuerbescheide in solchen Fällen hinsichtlich der Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG um Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenversicherung für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V) gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 AO vorläufig ergangen und diese Vorläufigkeitsvermerke noch wirksam sind, sind diese Bescheide nach § 165 Absatz 2 Satz 2 AO zu ändern und insoweit für endgültig zu erklären. Für die Behandlung aller anderen, nicht streitgegenständlichen Bonusleistungen gilt weiterhin Rz. 71f. des BMF-Schreibens zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen vom 19.8.2013 (BStBl 2013 I S. 1087).

Wurde der Vorläufigkeitsvermerk erstmals anlässlich der Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids dem Bescheid beigefügt, ist die ggf. betragsmäßige Beschränkung des Vorläufigkeitsvermerks (Abschnitt I Nummer 2 Buchstabe c des BMF-Schreibens vom 16.5.2011, BStBl 2011 I S. 464) zu beachten. Unabhängig hiervon kann eine betragsmäßig nicht beschränkte Änderung nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG a. F. möglich sein (siehe Abschnitt II dieses Schreibens).

Im Übrigen sind Bescheide nur dann für endgültig zu erklären, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt oder die Bescheide aus anderen Gründen zu ändern sind (§ 165 Absatz 2 Satz 4 AO). Soweit Einkommensteuerbescheide nicht für endgültig erklärt werden, bleibt bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist eine Bescheidänderung zur Berücksichtigung ungekürzter Krankenversicherungsbeiträge nach § 165 Absatz 2 Satz 2 AO möglich. Die Festsetzungsfrist endet gemäß § 171 Absatz 8 Satz 2 AO insoweit frühestens mit Ablauf des 6.12.2018.

 

II. Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG a. F.

Soweit keine Änderung gemäß § 165 Absatz 2 Satz 2 AO in Betracht kommt, wären in allen Kostenerstattungsfällen (siehe Abschnitt I), in denen die gesetzliche Krankenversicherung

eine entsprechende elektronische Meldung an die Finanzverwaltung übermitteln würde und sich hierdurch eine Änderung der festgesetzten Steuer ergäbe, die Einkommensteuerbescheide bis einschließlich Besteuerungszeitraum 2016 nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG a. F. zu ändern. Dies gilt aber nur, solange die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 169 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, § 170 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AO). Die Ablaufhemmung nach § 171 Absatz 8 Satz 2 AO gilt für diese Änderung nicht.

Die Vorlage einer von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgestellten Papierbescheinigung, aus der eine Korrektur der grundsätzlich elektronisch zu übermittelnden Beitragsrückerstattungen hervorgeht, ist für die Anwendung des § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG a. F. ausreichend. Dies gilt für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2016 (Näheres siehe Abschnitt III dieses Schreibens).

 

III. Weitere Voraussetzungen zur Änderung d...

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