Leitsatz

1. Zur Zahlung der Kosten für die Lagerung nicht abgeholter Postsendungen ist verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Als Kostenschuldner kommen demnach das Unternehmen, das die Postsendungen zur Zollstelle befördert hat, und die Selbstverzoller in Betracht.

2. Handelt es sich um ein Massenverfahren und ist der Aufwand für die Ermittlung der Selbstverzoller für das HZA unverhältnismäßig hoch, während das Unternehmen, das die Postsendungen befördert, über deren Daten verfügt, ist es ermessensgerecht, nur dieses als Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen (FG Hamburg, Urteil vom 9.6.2016, 4 K 23/14, Haufe-Index 9599265).

 

Normenkette

§ 5, § 88 AO, § 13 VwKostG, § 5 ZollVG

 

Sachverhalt

Die Klägerin befördert Postsendungen aus Drittländern in Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus dem Weltpostvertrag. Für Postsendungen, die nicht bereits bei den sog. Auswechslungsstellen durch die Klägerin kraft ihrer gesetzlichen Vollmacht zollrechtlich angemeldet werden können, sondern zu dem für den Empfänger zuständigen Zollamt befördert, dort gestellt und verwahrt, vom Empfänger jedoch nicht abgeholt und angemeldet werden, entstehen Verwahrungsgebühren, die das HZA im Streitfall mit 120 Kostenbescheiden von der Klägerin forderte.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, neben der Klägerin kämen auch die Absender der Postsendungen, die sog. Selbstverzoller sowie alle übrigen Empfänger als Kostenschuldner in Betracht. Mit der Inanspruchnahme der Klägerin habe das HZA das ihm insoweit zustehende Auswahlermessen nicht ausgeübt.

 

Entscheidung

Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH auf die Revision des HZA das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

Können aus Drittländern per Post eingehende Warensendungen nicht kraft der gesetzlichen Vollmacht der Klägerin, eine Zollanmeldung in Vertretung des Empfängers abzugeben (§ 5 Abs. 2 ZollVG), abgefertigt werden (z.B., weil die Angaben auf der Sendung unvollständig sind oder sich der Empfänger als sog. Selbstverzoller hat registrieren lassen), werden die Sendungen im externen Versandverfahren zu dem für den Empfänger zuständigen Zollamt befördert und dort gestellt, wodurch sie in die vorübergehende Verwahrung gelangen. Erscheint der benachrichtigte Empfänger nicht beim Zollamt, um eine Zollanmeldung abzugeben und seine Sendung abzuholen, wird diese wieder zurückbefördert und die Zollverwaltung stellt die während der Zeit der Verwahrung entstandenen Verwahrungsgebühren der Klägerin in Rechnung.

Bereits in einem früheren Gerichtsverfahren hatte die Klägerin ihre Inanspruchnahme angefochten. Dieses Verfahren endete mit dem BFH-Urteil (BFH, Urteil vom 26.9.2012, VII R 65/11, BFH/NV 2013, 330, BFH/PR 2013, 102, BFHE 239, 461). Im Streitfall wandte sich die Klägerin erneut gegen mehrere Gebührenbescheide. Der BFH entschied auch im vorliegenden Verfahren, dass die Klägerin Schuldner der Verwahrungsgebühren und (insoweit ­anders als in seiner früheren Entscheidung) auch ohne Ermessensfehler in Anspruch genommen worden sei.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, der gemäß § 178 Abs. 4 Satz 2 AO weiter gilt, ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst hat oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Gebührenrechtlicher "Veranlasser" ist nach der Rechtsprechung des BVerwG, wer die kostenverursachende Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, oder derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie fällt.

Ein "willentliches Herbeiführen" der Verwahrung der Postsendungen beim Zollamt hat der BFH nur hinsichtlich der Klägerin und der sog. Selbstverzoller angenommen. Die Klägerin als Hauptverpflichtete des externen Versandverfahrens habe die Sendungen zum Zollamt befördert, um ihre Pflicht zur Beendigung des Verfahrens bei der Bestimmungszollstelle zu erfüllen. Sie habe damit willentlich eine eigene Pflicht und keine Pflicht des Empfängers der Sendung erfüllt. Auch ihre sich aus dem Weltpostvertrag ergebende Beförderungspflicht führe zu keiner anderen Beurteilung. Die sog. Selbstverzoller hätten mit dem Entzug der Vollmacht der Klägerin die Beförderung der Postsendungen im Versandverfahren zum zuständigen Zollamt und die dortige Gestellung willentlich herbeigeführt.

Hingegen seien weder die Absender noch die übrigen Empfänger der Postsendungen "Veranlasser". Diese hätten eine bloße Ursache für die vorübergehende Verwahrung beim Zollamt im Sinne einer sog. conditio sine qua non gesetzt, wodurch das Merkmal des "willentlichen Herbeiführens" einer Amtshandlung jedoch nicht erfüllt sei. Ob eine Verwahrung der Postsendungen beim Zollamt "zugunsten" i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG der Absender oder Empfänger anzunehmen sei, könne offen bleiben, weil nach der Rechtsprechung des BVerwG (der zu folgen sei) im Fall mehrerer Kostenschuldner der Veranlasser vorrangig in Anspruch zu nehmen sei.

Kämen daher für die Kosteninanspruchnahme nur die Klägerin und die sog. Selbstverzoller als "Veranlasser"...

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