BMF, 16.04.1999, IV C 6 - S 2745 - 12/99

Körperschaftsteuerlicher Verlustabzug; Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl 1997 I S. 2590, BStBl 1997 I S. 928) und das Gesetz zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (BGBl 1997 I S. 3121, BStBl 1998 I S. 7) geänderten Vorschriften des § 8 Abs. 4 KStG und des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG wie folgt Stellung:

 

A. Verlust der wirtschaftlichen Identität (§ 8 Abs. 4 KStG)

 

1. Sachliche Anwendung

 

a) Hauptanwendungsfall

01

Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10 d EStG ist bei einer Körperschaft, daß sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Der Verlustabzug ist nach § 8 Abs. 4 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform bei einer Kapitalgesellschaft insbesondere zu versagen, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:

  • Es sind mehr als 50 % der Anteile der Kapitalgesellschaft übertragen worden und
  • die Kapitalgesellschaft führt ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fort oder nimmt ihn wieder auf.

02

Die Zuführung neuen Betriebsvermögens ist unschädlich (Sanierungsfälle), wenn

  • sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug i.S. des § 10 d Abs. 4 Satz 2 EStG verursacht hat, und
  • die Kapitalgesellschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt.
 

b) Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft und entsprechende Fälle

03

Die Grenze von mehr als 50 % der Anteile bezieht sich grundsätzlich auf das Nennkapital. Besitzt die Verlustgesellschaft eigene Anteile, bemißt sich der Umfang der übertragenen Anteile nach dem Verhältnis dieser Anteile zu dem Betrag des um die eigenen Anteile gekürzten Nennkapitals der Gesellschaft.

04

Die Übertragung der Anteile kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sein. Der Anteilsübergang durch Erbfall einschließlich der Erbauseinandersetzung wird von § 8 Abs. 4 KStG nicht erfaßt, jedoch der Fall der vorweggenommenen Erbfolge.

05

Erwerber der Anteile können sowohl neue als auch bereits beteiligte Gesellschafter sein. Unerheblich ist, auf wieviele Erwerber und wieviele Erwerbsvorgänge sich die übertragenen Anteile verteilen. Die mehrfache Übertragung des nämlichen Anteils wird nur einmal gezählt. Entscheidend ist, daß insgesamt eine Quote von mehr als 50 % der Anteile übertragen wird.

Beispiel:

An der X-GmbH sind A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. A veräußert

  • a) 60 % der Anteile an der X-GmbH an den bisherigen Gesellschafter B, so daß nach dieser Veräußerung A zu 30 % und B zu 70 % an der X-GmbH beteiligt sind.
  • b) 30 % der Anteile an der X-GmbH an den bisherigen Gesellschafter B und weitere 30 % der Anteile an der X-GmbH an den neuen Gesellschafter C, so daß nach dieser Veräußerung A zu 30 %, B zu 40 % und C zu 30 % an der X-GmbH beteiligt sind.

In beiden Fällen wurden mehr als die Hälfte der Anteile übertragen.

06

Die Übertragung der Anteile muß in einem zeitlichen Zusammenhang stehen. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft übertragen werden.

 

c) Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen

07

Die Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen ist sowohl im Fall der Fortführung als auch im Fall der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs Voraussetzung für den Verlust der wirtschaftlichen Identität.

08

Jede Kapitalgesellschaft hat nur einen einheitlichen Geschäftsbetrieb. Jede Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft kann einen Geschäftsbetrieb darstellen (z.B. auch eine Vermögensverwaltung). Auch eine Gesellschaft, deren Haupttätigkeit sich darauf beschränkt, Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften zu halten (Holdinggesellschaft), unterhält einen Geschäftsbetrieb. Das Halten der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft reicht für die Annahme eines Geschäftsbetriebs aus.

09

Neues Betriebsvermögen überwiegt, wenn das über Einlagen und Fremdmittel zugeführte bzw. finanzierte Aktivvermögen das im Zeitpunkt der Anteilsübertragung vorhandene Aktivvermögen ( BFH-Urteil vom 13.8.1997, I R 89/96, BStBl 1997 II S. 829) übersteigt. Gehören zum Betriebsvermögen Beteiligungen an Organgesellschaften oder Personengesellschaften, ist das Aktivvermögen der Organgesellschaft in vollem Umfang bzw. das Aktivvermögen der Personengesellschaft zu dem Anteil der Beteiligung in den Vergleich einzubeziehen. Bewertungsmaßstab sind die Teilwerte des vorhandenen und des zugeführten Vermögens; etwaige immaterielle Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen, auch wenn sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht angesetzt werden dürfe...

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