Leitsatz

Ein Zahnarzt kann die Kosten eines gegen ihn geführten Kindesunterhaltsprozesses als außergewöhnliche Belastungen abziehen, wenn die Rechtsverteidigung für ihn hinreichend erfolgversprechend war und er sich nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Mit dieser Entscheidung wandte das Thüringer FG die neuere BFH-Rechtsprechung zum Abzug von Zivilprozesskosten an.

 

Sachverhalt

Ein selbständiger Zahnarzt wurde von seinen Töchtern auf Kindesunterhalt verklagt. Das Amtsgericht hatte ein Sachverständigengutachten eingeholt, um das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Arztes zu ermitteln und war zu dem Ergebnis gelangt, dass einer Tochter monatlicher Unterhalt von 435 EUR gezahlt werden muss. Die Kosten des Unterhaltsprozesses i. H. v. 5.200 EUR machte der Arzt schließlich als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten mangels Zwangsläufigkeit i. S. des § 33 EStG nicht an.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass die geltend gemachten Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können und berief sich dabei auf die neuere Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Zivilprozesskosten (BFH, Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015). Demnach entstehen Zivilprozesskosten - unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits - aus rechtlichen Gründen zwangsläufig, da der Steuerpflichtige das Prozesskostenrisiko nicht freiwillig übernimmt, sondern streitige Ansprüche regelmäßig nur auf gerichtlichem Wege durchsetzen bzw. abwehren kann. Eine eigenmächtig gewaltsame Durchsetzung bleibt in einem Rechtsstaat verwehrt. Voraussetzung für den Kostenabzug ist allerdings, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig auf den Prozess eingelassen hat und der Rechtsstreit hinreichend erfolgversprechend war.

Nach den vorgenannten Maßstäben waren die Kosten des Unterhaltsprozesses als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, denn die Rechtsverteidigung des Arztes bot hinreichende Erfolgsaussichten und erschien nicht mutwillig. Denn es war insbesondere die schwierige tatsächliche Frage zu klären, in welchem Umfang unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen vorhanden war.

 

Hinweis

Die Finanzverwaltung wendet die neue gelockerte BFH-Rechtsprechung zu Zivilprozesskosten nicht an. Das BMF erklärte mit Schreiben v. 20.12.2011, BStBl 2011 I S. 1286), dass die Finanzämter die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses nicht zuverlässig einschätzen können. Daher wird an den bisherigen (weitaus strengeren) Abzugsvoraussetzungen festgehalten, wonach Zivilprozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können, wenn der Rechtsstreit eine existenzielle Bedeutung für den Steuerpflichtigen hat. Ab dem VZ 2013 wurde der Standpunkt der Finanzverwaltung gesetzlich in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG n. F. verankert (durch das AmtshilfeRLUmsG, BGBl I S. 1809).

Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil vom 26.10.2011, 4 K 836/08

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