Leitsatz

Ein freizügigkeitsberechtigter EU-Ausländer hat nur Anspruch auf Kindergeld gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn er einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nachweisen kann. Aus einer Wohnungsgeberbescheinigung, aus der hervorgeht, dass der Wohnungsgeber nicht Eigentümer der Wohnung ist und es sich bei der Wohnungsanschrift um ein Gästehaus handelt, das keine Mietverträge ausstellt, kann nicht festgestellt werden, ob die Schlafstelle den Anforderungen eines Wohnsitzes im Sinne des § 8 AO genügt.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist polnischer Staatsbürger und Vater von drei Kindern, welche bei der Mutter in der polnischen Republik leben. Im Streitzeitraum erbrachte der Kläger als selbständig Tätiger Leistungen im Inland und wurde für das Jahr 2015 nach § 1 Abs. 3 EStG zur Einkommensteuer veranlagt. Laut dem am 24.10.2016 unterzeichneten Mietvertrag mietete er ab dem 1.11.2016 mit einer weiteren Person ein Zimmer, eine Kammer nebst Küche und Toilette an. Die Familienkasse lehnte die Gewährung des Kindergeldes ab, da der Kläger weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nachgewiesen habe. Für die Monate, für die Anspruch auf Kindergeld bestand, hat die Familienkasse das polnische Kindergeld auf die deutsche Leistung angerechnet.

 

Entscheidung

Für das Jahr 2015 hat das FG entschieden, dass die vom Kläger für das Jahr 2015 vorgelegten Rechnungen über seine Leistungen als Gewerbetreibender nicht den Schluss zulassen, dass er sich zu Beginn des Jahres 2015 im Inland unter Umständen aufgehalten hatte, die damals erkennen ließen, dass er sich im Inland nicht nur vorübergehend aufhalten würde. Da die Rechnungen des Klägers, als Leistungszeiträume den 31.1.2015, 16.4. bis 30.5.2015 und den 4.5. bis 15.15.2015 angeben, könne bei der Kürze dieser Leistungszeiträume aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sich nur zur Erbringung der Leistung im Inland aufgehalten habe und daher nur vorübergehend im Inland verweilte. Ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe ein freizügigkeitsberechtigter EU-Ausländer gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn er nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde. Bei einem Gewerbetreibenden gilt dies aber nur für die Monate, in denen er inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt. Für das Jahr 2016 habe die Familienkasse zutreffend festgestellt, dass der Kläger ab Mai 2016 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Weiter hat das FG entschieden, dass Kindergeld gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG insoweit nicht gezahlt wird, als ein Anspruch auf Leistungen für Kinder im Ausland besteht und diese Leistungen dem Kindergeld vergleichbar sind.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 21.03.2019, 14 K 3668/17 Kg

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