Leitsatz

Der Anspruch auf Kindergeld endet nach dem 18. und vor dem 25. Lebensjahr eines Kindes, wenn es einen Ausbildungsstand erreicht hat, der es zur Berufsausübung nach dem angestrebten Berufsziel befähigt. Das Berufsziel ist i. d. R. mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse erreicht.

Der Kindergeldanspruch besteht weiter, wenn das Kind nach der Ablegung der Prüfung aufgrund des Ausbildungsvertrages nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.

 

Sachverhalt

Der Kläger beantragte Kindergeld für seine Tochter und gab an, dass deren Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin nach dem Schul- und Praxisvertrag am 31.8.2015 ende. Die Tochter bestand am 20.7.2015 die staatliche Abschlussprüfung. Die Schule bestätigte das Ausbildungsende zum 31.8.2015. Die Tochter erhielt im August 2015 noch eine Ausbildungsvergütung. Im Ausbildungszeugnis wurde eine Ausbildung vom 1.9.2012 bis 31.8.2015 bescheinigt. Nach der der Tochter verliehenen Urkunde ist sie berechtigt mit Wirkung zum 1.9.2015 die Bezeichnung "staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung jedoch bereits ab August 2015 auf und forderte für diesen Monat das Kindergeld zurück, da mit der bestandenen Abschlussprüfung, spätestens aber mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, die Ausbildung beendet sei. Im Klageverfahren trägt die Familienkasse weiter vor, es sei nicht entscheidungserheblich, dass die Tochter des Klägers für August 2015 noch eine Ausbildungsvergütung erhalten habe. Diese Sichtweise ergebe sich auch aus der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) A 14.10.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat der Klage entsprochen, da die Tochter im August 2015 noch praktisch ausgebildet worden sei und eine Ausbildungsvergütung erhalten habe. Hinzu komme außerdem, dass die Tochter erst ab 1.9.2015 befugt gewesen sei, ihre Berufsbezeichnung zu führen. Außerdem weist das FG darauf hin, dass auch der Sinn und Zweck des Kindergeldes, nämlich die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildungszeit des Kindes zu berücksichtigen, für den Monat August 2015 noch gegeben sei, da die Tochter des Klägers in diesem Monat (noch) nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern (zwingend) dem Ausbildungsbetrieb gegen Gewährung (lediglich) der Ausbildungsvergütung zur Verfügung stand.

 

Hinweis

Die vom Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 19/16 geführt. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene gegen die Rückforderung des Kindergeldes Einspruch einlegen und auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren verweisen. Der Einspruch ruht dann nach § 363 Abs. 2 AO kraft Gesetzes bis zur Entscheidung durch den Bundesfinanzhof.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2016, 7 K 407/16

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