Leitsatz

Bewohnt der Steuerpflichtige nur eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus und steht die andere Wohnung jahrelang leer, sind die beruflich genutzten Kellerräume nach Auffassung des FG Nürnberg als häusliche Arbeitszimmer anzusehen. Der BFH wird diese Entscheidung überprüfen.

 

Sachverhalt

Ein Personenschützer und eine Grafikerin (zusammenveranlagte Arbeitnehmer) mieteten eine Wohnung im Erdgeschoss eines Zweifamilienhauses und zwei Räume im Keller des Hauses, die nur über das Treppenhaus zugänglich waren und die sie als Arbeitszimmer nutzten. Die Wohnung im Obergeschoss des Hauses blieb jahrelang unvermietet, da der Vermieter den Wohnraum für seinen Sohn vorgesehen hatte.

In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute die Kellerräume als außerhäusliches Arbeitszimmer geltend. Das Finanzamt erkannte die Raumkosten (jeweils 827 EUR) nicht an, da es die Räume als häusliche Arbeitszimmer einstufte und deshalb davon ausging, dass den Eheleuten wegen vorhandener Alternativarbeitsplätze (bei ihren Arbeitgebern) kein Kostenabzug zustand.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass die Kellerräume als häusliche Arbeitszimmer anzusehen sind und den Eheleuten wegen vorhandener Alternativarbeitsplätze kein Kostenabzug zusteht. Ob ein Raum in die häusliche Sphäre eingebunden ist (und somit als häusliches Arbeitszimmer einzustufen ist), bestimmt sich nach der Zugehörigkeit zu den Wohnräumen. Als häusliche Arbeitszimmer sind dabei nicht nur Räume anzusehen, die direkt in der Wohnung liegen, sondern auch Räume, die außerhalb liegen und einen "inneren Zusammenhang" zur Wohnung aufweisen. Maßgeblich für diese Einordnung ist, ob die private Sphäre der Wohnung verlassen werden muss, um in das Arbeitszimmer zu gelangen. Muss eine "der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsfläche" betreten werden, um zum Arbeitszimmer zu gelangen, besteht kein "innerer Zusammenhang". Die BFH-Rechtsprechung hat nach diesen Grundsätzen eine als Arbeitszimmer genutzte eigenständige Wohnung im selben Haus sowie einen separat angemieteten Kellerraum in einem Mehrfamilienhaus als außerhäusliches (unbeschränkt abziehbares) Arbeitszimmer eingestuft.

Für den Urteilsfall ging das FG davon aus, dass die Eheleute auf dem Weg in die Kellerräume keine "der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsfläche" durchqueren mussten, weil die Wohnung im Obergeschoss bislang nicht durch Dritte genutzt worden ist. Somit konnte im Treppenhaus kein Dritter in die Privatsphäre der Eheleute eindringen, sodass die Kellerräume letztlich der häuslichen Sphäre zuzuordnen waren - und somit die Abzugsbeschränkungen für das häusliche Arbeitszimmer galten. Unerheblich war für das FG, dass mitunter der Vermieter oder eine von ihm beauftragte Person das Treppenhaus unangekündigt betreten konnten.

 

Hinweis

Ob ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt oder eine Einordnung als außerhäusliches Arbeitszimmer erreicht werden kann, ist in der Praxis höchst relevant. Denn während für ein häusliches Arbeitszimmer die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG zu beachten sind (grundsätzliches Abzugsverbot der Kosten, Höchstbetrag von 1.250 EUR nur bei fehlendem Alternativarbeitsplatz, unbeschränkter Kostenabzug nur bei Tätigkeitsmittelpunkt im Arbeitszimmer), unterliegen außerhäusliche Arbeitszimmer nicht diesen Restriktionen. Die Folge: Die Kosten sind selbst dann unbegrenzt abziehbar, wenn noch ein Alternativarbeitsplatz vorhanden ist oder das Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt bildet.

Es bleibt abzuwarten, wie der BFH im Revisionsverfahren entscheiden wird. Zur gleichen Rechtsfrage ist bereits ein Verfahren unter dem Az. VIII R 7/10 beim BFH anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 09.10.2012, 1 K 164/11

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