Leitsatz

Es ist aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht geboten, einen Übergangsverlust, der bei dem Wechsel von der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG entsteht, auf das Jahr des Übergangs und die beiden Folgejahre zu verteilen.

 

Normenkette

§ 163 AO, § 4 Abs. 1, Abs. 3, § 5 Abs. 1 EStG, Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 R 17

 

Sachverhalt

Das FA forderte den Kläger gem. § 141 Abs. 2 AO auf, für seinen Betrieb von der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach dem Bestandsvergleich gem. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG überzugehen.

Aufgrund des Wechsels der Gewinnermittlungsart ergab sich ein noch nicht erfasster Verlust (Übergangsverlust). Diesen verrechnete der Kläger überwiegend mit dem laufenden Gewinn des Übergangsjahres und erklärte den Rest als negative Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Das FA erfasste den erklärten Verlust im Einkommensteuerbe­scheid erklärungsgemäß.

Die Kläger legten gegen die Einkommensteuerfestsetzung Einspruch ein und beantragten erfolglos, den auf dem Wechsel der Gewinnermittlungsart beruhenden Verlust gem. R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 auf das Übergangsjahr und die beiden Folgejahre aufzuteilen. Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.9.2009, 14 K 925/05, Haufe-Index 2899200).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück, Die Entscheidung über einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen i.S.d. § 163 AO sei eine Ermessensentscheidung, die nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden könne.

Im Streitfall sei dem FA nicht aufzugeben, eine erneute Prüfung von sachlichen Billigkeitsgründen vorzunehmen. Selbst wenn die in der Verwaltungsvorschrift R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 enthaltene Definition des Übergangsgewinns als Saldo aus Zu- und Abrechnung im Sinne der Kläger auch einen negativen Saldo umfassen sollte, der auf das Jahr des Übergangs und die Folgejahre verteilt werden könnte, und selbst wenn das FA verkannt hätte, dass grundsätzlich auch eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 1 AO hätte getroffen werden können, habe keine andere Entscheidung als die vom FA getroffene ergehen können. Denn eine "Härte" i.S.v. R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 und damit eine sachliche Unbilligkeit habe im Streitfall nicht vorgelegen. Wegen der Begründung kann im Übrigen auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.

 

Hinweis

1. Nach Übergang von der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG ist die Zunahme des Betriebsvermögens, die sich in der Zeit der Überschussrechnung noch nicht gewinnerhöhend ausgewirkt hat, dem laufenden Bilanzergebnis hinzuzurechnen. Eine Minderung des Betriebsvermögens, die sich während der Überschussrechnung nicht als Betriebsausgabe ausgewirkt hat, ist vom Gewinn abzurechnen. Die erforderlichen Zu- und Abrechnungen sind grundsätzlich dem ersten Jahr des Bestandsvergleichs als Besteuerungsmerkmal zuzuordnen.

2. Durch die vorgenannten Hinzurechnungen kann sich eine Zusammenballung von Gewinnen ergeben. Zur Milderung bestimmt R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 (entspricht heute R 4.6 Abs. 1 Satz 4 EStR 2012):

Bei dem Übergang zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich kann zur Vermeidung von Härten auf Antrag des Steuerpflichtigen der Übergangsgewinn (Saldo aus Zu- und Abrechnungen) entweder auf das Jahr des Übergangs und das folgende Jahr oder auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre verteilt werden.

3. Fraglich ist, ob auch ein Übergangsverlust nach dieser Vorschrift verteilt werden kann.

a) Grundsätzlich meint das Gesetz – so könnte man argumentieren –, wenn es von "Gewinn" spricht, immer auch den Verlust (vgl. z.B. § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EStG). Daher mag es auf den ersten Blick nahe liegen, diesen Gedanken auf R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 (heute R 4.6 Abs. 1 Satz 4 EStR 2012) zu übertragen, zumal der in der Richtlinie definitorisch erwähnte "Saldo von Zu- und Abrechnungen" auch negativ sein kann.

b) Der BFH hat indes offengelassen, ob der Wortlaut der Richtlinienregelung tatsächlich im vorstehenden Sinne zu verstehen ist. Denn eine Verteilung eines Übergangsverlustes kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil eine "Härte" i.S.v. R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 (heute R 4.6 Abs. 1 Satz 4 EStR 2012), die eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigt, nicht vorliegt.

aa) Die Festsetzung einer Steuer ist aus sachlichen Gründenunbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft.

bb) Der durch den Übergang von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG entstandene Verlust führt im Jahr des Wechsels der Gewinnermittlungsart grundsätzlich zu einer Steuerersparnis. Der nicht durch...

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