Leitsatz

* Wurde ein Kind in den Jahren 1992 und 1993 nach den damals geltenden Vorschriften des BKGG 1990 nur deshalb über das 21. Lebensjahr hinaus Kindergeld gewährt, weil dieses zuvor Zivildienst geleistet hatte, so kann für dieses Kind nach der Vollendung des 27. Lebensjahrs nur noch die Differenz zur Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes als Verlängerungstatbestand berücksichtigt werden.

* Leitsatz nicht amtlich.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 5 Nr. 1 , § 63 Abs. 1 Satz 2 , § 78 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 2 BKGG

 

Sachverhalt

Der am 7.8.1971 geborene Sohn M der Klägerin hatte von 1991 bis 1992 einen 15-monatigen Zivildienst geleistet und anschließend neun Monate auf einen Studienplatz gewartet. Für die Dauer der Wartezeit nach Vollendung des 21. Lebensjahres wurde der Klägerin wegen des Zivildienstes Kindergeld gewährt. Der Sohn hatte das 1993 aufgenommene Studium bei Vollendung seines 27. Lebensjahres am 7.8.1998 noch nicht abgeschlossen.

Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass der Klägerin letztmals für Februar 1999 Kindergeld zustehe.

 

Entscheidung

FG (EFG 2001, 1221) und BFH bestätigten diese Beurteilung. Es bestehe grundsätzlich nach Vollendung des 27. Lebensjahres kein Kindergeldanspruch mehr. Ausnahmsweise verlängere sich der Berechtigungszeitraum um die Dauer des tatsächlich geleisteten Zivildienstes, soweit diese nicht in der Zeit nach Vollendung des 21. Lebensjahres bereits berücksichtigt sei (hier: bei der Wartezeit). Andernfalls würde der Verlängerungstatbestand doppelt angerechnet (hier: zusätzlich bei der Ausbildungszeit).

 

Hinweis

Der BFH hatte sich in letzter Zeit mehrfach mit der Frage zu befassen, wann für ein Kind, das neben seinem Zivil- oder Wehrdienst oder über ein solches Dienstverhältnis eine Ausbildung verfolgt, Kindergeld zu gewähren ist (vgl. dazu Urteil vom 14.5.2002, VIII R 61/01, BFH-PR 2002, 407). Das ist nach diesem Urteil z.B. dann zu bejahen, wenn das Kind neben dem Zivildienst ein Studium ernsthaft und nachhaltig betreibt. Da Zivildienst und Grundwehrdienst im Kindergeldrecht gleich behandelt werden (§ 32 Abs. 5, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 3 Nr. 5 EStG), gilt dies auch für den Grundwehrdienst. Ebenso wie umgekehrt das Urteil vom 16.4.2002, VIII R 58/01 (BFH-PR 2002, 329), das bei einem Ausbildungsverhältnis zum Offiziersanwärter den Anspruch auf Kindergeld bejahte, auch für ein Ausbildungsverhältnis im Rahmen des Zivildienstes – z.B. zum Sanitäter – zu beachten ist.

Diese weitgehende Anerkennung der Berufsausbildung neben dem oder über den Zivil- oder Grundwehrdienst musste die Frage aufwerfen, ob es dann noch gerechtfertigt ist, die Kindergeldberechtigung, die grundsätzlich mit der Vollendung des 27. Lebensjahrs des Kindes endet, für einen der Dauer des Zivil- oder Grundwehrdienstes entsprechenden Zeitraum hinaus zu verlängern, wie dies § 32 Abs. 5 Nr. 1 EStG vorsieht. Nach dem vorliegenden Urteil muss bei der Beurteilung der Ausbildung nach Ableistung des Zivildienstes unterschieden werden:

  • Grundsätzlich wird für ein Kind, das das 27. Lebensjahr vollendet hat, Kindergeld für die tatsächliche Dauer, höchstens die gesetzliche Dauer des Zivildienstes gewährt.
  • Der berücksichtigungsfähige Zeitraum verkürzt sich jedoch um die Dauer des Zivildienstes, während der tatsächlich ein Kindergeldanspruch bestand.

Der BFH hat dies hier zwar nur für den Fall entschieden, dass der Zivildienst nach dem bis 1.1.1996 geltenden Bundeskindergeldgesetz berücksichtigt worden war; für den "Verbrauch" des Kindergeldes vor Vollendung den 27. Lebensjahres durch andere Berechtigungstatbestände während der Ableistung des Zivildienstes wird man jedoch nicht anders entscheiden können. Das gilt für den Grundwehrdienst entsprechend.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.10.2002, VIII R 68/01

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