Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH[1] ging es um die Frage, ob Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 von dem Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in der Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL erfasst ist. Zwischen den Parteien war für das Streitjahr 2010 streitig, ob die von der Klägerin ausgeführten Fahrschulleistungen, die ihre Kunden zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B (Fahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als 8 Personen außer dem Fahrzeugführer) und Cl (Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg aber nicht mehr als 7.500 kg und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als 8 Personen außer dem Fahrzeugführer) in Anspruch genommen haben, nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL steuerfrei sind. Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr erklärte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze. Im Dezember 2014 beantragte die Klägerin, die USt auf 0 EUR herabzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab.

Das Niedersächsische FG[2] hatte im Wesentlichen entschieden, eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG komme nicht in Betracht, weil bei den hier streitigen Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht komme. Die Befreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG scheitere bereits daran, dass die Klägerin ihre Leistungen unmittelbar an ihre Schüler und nicht an die in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG genannten Einrichtungen erbringe. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL berufen. Die einheitliche Leistung der Klägerin bestehe aus der theoretischen Schulung und dem praktischen Fahrunterricht. Dabei handele es sich nicht um Schul- oder Hochschulunterricht, weil der praktische Fahrunterricht nach der im Streitjahr 2010 geltenden Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz v. 7.7.1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17.6.1994) weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts sei.

Der BFH wollte zunächst wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL den Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 umfasst. Der BFH neigte zu der Ansicht, dass die Tätigkeit der Klägerin die leistungsbezogenen Voraussetzungen sowohl des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i als auch Buchst. j MwStSystRL erfüllt, weil die Fahrschulleistung Schulunterricht ist. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL gleich auszulegen ist.[3]

Für den Fall, dass die erste Frage zu bejahen wäre, fragte der BFH, ob sich die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL aus den gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Erteilung der Fahrlehr- und der Fahrschulerlaubnis im Gesetz über das Fahrlehrerwesen und dem Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern ergeben kann.https://www.juris.de/jportal/portal/t/suz/page/jurisw.psml?doc.hl=1[doc].id=STRE201710175&documentnumber=1&numberofresults=3[doctyp]=juris-r&showdoccase=1[doc].part=L&paramfromHL=true - rd_42 Der BFH hatte Zweifel, ob die Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL anerkannt ist.

Für eine Anerkennung der Klägerin durch den Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland sprach nach Auffassung des BFH, dass der Betrieb einer Fahrschule gem. § 4 FahrlG das Bestehen einer Fahrlehrerprüfung voraussetzt und gem. §§ 1, 10 - 13 FahrlG der Erteilung einer von einer Vielzahl von Voraussetzungen abhängigen Fahrlehrer- und einer hiervon getrennten Fahrschulerlaubnis bedarf. Darüber hinaus besteht ein Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung der Fahrschüler zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern. Diese Zielsetzung habe durch § 1 Abs. 1 der im Streitjahr 2010 noch nicht in Kraft getretenen Fahrschüler-Ausbildungsordnung inzwischen ausdrückliche staatliche Anerkennung erfahren.

Gegen eine Anerkennung sprach nach Auffassung des BFH, dass der EuGH zur Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL entschieden hat, dass bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit privater Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht insbesondere auch die Ziele, die diese Einheiten in ihrer Gesamtheit verfolgen, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen sind.[4]

Für den Fall, dass die 2. Frage zu verneinen wäre, fragte der BFH, ob der Begriff des "Privatlehre...

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