Leitsatz

Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für ein Familienheim scheidet aus, wenn der Erwerber von vornherein gehindert ist, die Wohnung in dem von Todes wegen erworbenen Einfamilienhaus für eigene Wohnzwecke zu nutzen und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ab 2009, § 181 Abs. 1 Nr. 1 BewG ab 2009

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Alleinerbe seines im Jahr 2009 verstorbenen Vaters (V), zu dessen Nachlass ein von V bis zu seinem Ableben selbst genutztes Einfamilienhaus in H gehörte. Das Haus wurde nach dem Tod des V renoviert und ab August 2010 vermietet. Weder der Kläger noch seine Familie nutzten das Haus zu eigenen Wohnzwecken.

Seit 2006 ist der Kläger als Professor an der Universität in X tätig. In der Berufungsvereinbarung hatte er sich verpflichtet, seinen Wohnsitz an den künftigen Dienstort oder in dessen nähere Umgebung zu verlegen. In der Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger für das Einfamilienhaus in H die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Eine Selbstnutzung dieses Hauses sei wegen seiner Residenzpflicht in X aus objektiv zwingenden Gründen nicht möglich. H liege über 500 km von X entfernt.

Das FA versagte die Steuerbefreiung, weil die berufliche Tätigkeit des Klägers kein zwingender Grund dafür sei, das Haus in H nicht für eigene Wohnzwecke zu nutzen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 31.1.2013, 3 K 1321/11 Erb, Haufe-Index 3657816, EFG 2013, 715).

 

Entscheidung

Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Die Befreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG war nicht zu gewähren, weil der Kläger das Einfamilienhaus nicht für eigene Zwecke genutzt hat; die hierfür maßgebenden beruflichen Gründe sind unerheblich.

 

Hinweis

Das Urteil klärt die Anforderungen, die die Steuerbefreiung beim Erwerb eines Familienheims von Todes wegen durch Kinder (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) an die erforderliche Selbstnutzung durch den Erwerber zu stellen sind.

1.§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG setzt voraus, dass die Wohnung "unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim)". Das erfordert nicht nur die Absicht einer Selbstnutzung, sondern auch die tatsächliche Umsetzung durch Einzug in die Wohnung und tatsächliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.

2. Die Steuerbefreiung greift nicht, wenn der Erwerber von vornherein an der Nutzung für eigene Wohnzwecke gehindert ist und tatsächlich nicht einzieht. Die Gründe, weshalb die Selbstnutzung nicht aufgenommen wird, sind unerheblich. Dies gilt auch, wenn zwingende Gründe die Selbstnutzung verhindern. Der BFH hat die deutlich günstigere Beurteilung der Finanzverwaltung (vgl. RE 13.4 Abs. 7 Satz 4 Halbsatz 2 ErbStR 2011), die eine Selbstnutzung hindernde objektiv zwingende Gründe als unschädlich ansieht, ausdrücklich verworfen.

3. Allerdings berücksichtigt § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG die eine Selbstnutzung hindernden "zwingenden Gründe". Diese Regelung betrifft allerdings nur den Fall der vorzeitigen Aufgabe einer bereits aufgenommenen Selbstnutzung. Diese Aufgabe der Selbstnutzung ist ausnahmsweise unschädlich, wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen am weiteren Bewohnen des Familienheims gehindert ist. Diese Ausnahmeregelung führt jedoch nicht dazu, dass die Steuerbefreiung ohne jede Selbstnutzung eines Hauses zu Wohnzwecken zu gewähren ist. Nimmt der Erwerber die Selbstnutzung eines Hauses zu eigenen Wohnzwecken überhaupt nicht auf, ist das von Todes wegen erworbene Haus kein Familienheim und damit der Erwerb nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG steuerbefreit.

4. Angesichts der gegen § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ohnehin zu erhebenden verfassungsrechtlichen Einwände verbietet sich eine erweiternde Auslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus, weil damit ein noch verfassungsfernerer Rechtszustand geschaffen würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.6.2015 – II R 13/13

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