Leitsatz

1. Die aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehepartners ist nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG unabhängig vom zeitlichen Umfang der Nutzung von der Zweitwohnungsteuer befreit.

2. Eine wortlauteinschränkende Auslegung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG ist nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Die Begünstigung einer zeitlich nicht überwiegend genutzten Erwerbszweitwohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten bei der Zweitwohnungsteuer verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

§ 1, § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG, § 15 HmbMG, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG, § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB

 

Sachverhalt

Der seit 2009 verheiratete Kläger war bis 2011 mit Hauptwohnsitz in Hamburg gemeldet, wo er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Geschäftsführer mehrerer Firmen überwiegend ausübte. Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau, die dort gewerblich tätig ist. Mit Wirkung ab 25.5.2011 meldete er in Hamburg einen Nebenwohnsitz an. Die Nebenwohnung in Hamburg nutzte er an zwei bis drei Tagen in der Woche. Seine wöchentliche Arbeitszeit in Hamburg betrug etwa 15 Stunden.

Das FA setzte gegen den Kläger für das Innehaben der Nebenwohnung Zweitwohnungsteuer fest. Es ging davon aus, dass der Kläger die Wohnung in Hamburg nur sporadisch und damit nicht überwiegend beruflich genutzt habe. Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg. Das FG stützte seine Entscheidung auf eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG (FG Hamburg, Urteil vom 6.2.2014, 2 K 22/13, Haufe-Index 6689371, EFG 2014, 1054).

 

Entscheidung

Der BFH ist dem FG aus den erläuterten Gründen nicht gefolgt und hat die Vorentscheidung sowie die Zweitwohnungsteuerfestsetzung aufgehoben.

 

Hinweis

Streitpunkt war die Auslegung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG. Diese Regelung nimmt solche aus überwiegend beruflichen Gründen in Hamburg gehaltenen Wohnungen von der Zweitwohnungsteuerpflicht aus, die ein nicht dauernd getrennt lebender Ehe- oder Lebenspartner mit Hauptwohnung außerhalb Hamburgs innehat. Diese Steuerbegünstigung weicht im Wortlaut von anderen Zweitwohnungsteuerregelungen insofern ab, als die Nebenwohnung in Hamburg nicht überwiegend genutzt werden muss. Streitig war, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG insoweit eine Regelungslücke aufweist und dahin einzuschränken ist, dass nur die überwiegende Nutzung der Nebenwohnung zur Steuerbefreiung führt. Dies hatte das FG angenommen; der BFH ist dem nicht gefolgt.

1. Mit § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG sollte den Vorgaben der BVerfG-Rechtsprechung Rechnung getragen werden, wonach die Erhebung der Zweitwohnungsteuer bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, aufgrund der melderechtlichen Vorgaben unzulässig ist. Denn für Verheiratete ist es ausgeschlossen, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer zu entgehen.

2. Entscheidend ist daher, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG bei wortlauteinschränkender teleologischer Auslegung nur bei vorwiegender Nutzung der Nebenwohnung die Zweitwohnungsteuerpflicht ausschließt. Dies hat der BFH verneint.

  1. Dabei war im Grundsätzlichen zunächst der auf Steuervergünstigungsvorschriften anzuwendende Auslegungsmaßstab zu klären. Steuervergünstigungen sind weder unter dem Gesichtspunkt einer größtmöglichen Förderung weit noch buchstäblich eng auszulegen. Vielmehr gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze, wobei der Begünstigungszweck zu berücksichtigen ist. Davon ausgehend konnte nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG nicht festgestellt werden, dass nur eine zeitlich überwiegend genutzte Erwerbszweitwohnung begünstigt ist.
  2. Auch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) erfordert unter dem Aspekt einer möglichen Ungleichbehandlung von Verheirateten gegenüber unverheirateten Personen keine einschränkende Auslegung. Nur für Ehegatten gilt die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB), die zur Wahrung dieser besonderen Bindungen keine Zweitwohnungsteuerpflicht bei einer nicht vorwiegend genutzten Nebenwohnung verlangt. In diesem Punkt ist der BFH ausdrücklich nicht der gegenteiligen Auffassung des Bayerischen VGH bzw. Bayerischen VerfGH gefolgt.

3. Besondere Beachtung verdient die vom BFH ausdrücklich offengelassene Frage, ob für eine aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung überhaupt Zweitwohnungsteuer erhoben werden kann. Diese Zweifel gründen auf dem Charakter der Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer, die grundsätzlich nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden darf, die nicht der Einkommensverwendung, sondern der Einkommenserzielung dienen.

Darüber hinaus erscheint derzeit fraglich, ob bei Verheirateten ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG in solchen Fällen vorliegt, in denen sich ein Ehegatte in seiner Erwerbszweitwohnung nicht überwiegend...

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