Leitsatz

Vor dem FG Berlin-Brandenburg scheiterte jetzt die Haftungsinanspruchnahme eines GmbH-Geschäftsführers, da die rückständige Umsatzsteuer bei korrekter Tilgungsreihenfolge innerhalb des Haftungszeitraums vollständig getilgt worden wäre.

 

Sachverhalt

Fraglich war, ob der Mitgeschäftsführer einer insolventen GmbH für rückständige Umsatzsteuer 2003 in Haftung genommen werden kann. Im vorliegenden Fall bestand für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 eine Fristverlängerung bis zum 28.2.2005. Da die Erklärung nicht rechtzeitig einging, schätzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 2003 schließlich auf 2.958 EUR (festgesetzte Steuer).

Aufgrund der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste bis dritte Quartal 2006 (am 1.5., 14.8. und 10.10.2006) ergab sich für die GmbH ein Guthaben von insgesamt rund 86.000 EUR, das vom Finanzamt mit rückständigen Steuern der GmbH, u.a. der Umsatzsteuer 2004 und der Lohnsteuer aus Februar 2006, verrechnet wurde.

Infolge einer Außenprüfung erließ das Finanzamt schließlich am 12.6.2007 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2003, wonach die GmbH rund 34.000 EUR nachentrichten sollte.

Das Finanzamt nahm den Geschäftsführer schließlich für 80 % der rückständigen Umsatzsteuer 2003 persönlich in Haftung. Der Geschäftsführer hielt dem entgegen, dass die Umsatzsteuerschuld 2003 bereits getilgt gewesen wäre, wenn das Finanzamt sie zutreffend mit den Erstattungsbeträgen aus den Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste bis dritte Quartal 2006 verrechnet hätte.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass der Haftungsbescheid rechtswidrig war. Zwar hatte der Geschäftsführer den objektiven und subjektiven Tatbestand der Vertreterhaftung (§ 69 i.V.m. 34 AO) verwirklicht, indem er groß fahrlässig nicht dafür gesorgt hatte, dass die GmbH ihre Umsatzsteuererklärung 2003 fristgereicht einreicht und den entsprechenden Steuerbetrag (zur fiktiven Fälligkeit) zahlt. Dennoch haftet er nicht, da die streitgegenständliche Steuerschuld spätestens mit Eingang der Umsatzsteuervoranmeldung für das dritte Quartal 2006 (mit einem Erstattungsbetrag von 76.706 EUR) vollständig innerhalb des Haftungszeitraums (vom 28.3.2005 bis 30.11.2006) getilgt worden wäre. Das Finanzamt hätte in diesem Fall das Erstattungsguthaben gemäß der gesetzlich vorgesehenen Tilgungsreihenfolge (§ 225 AO) nicht mit der rückständigen Umsatzsteuer 2004, sondern vorrangig mit der älteren Umsatzsteuerschuld 2003 verrechnen müssen. Auf diese Vorgehensweise durfte der Geschäftsführer vertrauen, zumal das Finanzamt entsprechenden Verrechnungsanträgen in der Vergangenheit stets entsprochen hatte.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.09.2012, 9 K 9161/10

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