Leitsatz

Der Gewerbesteuermessbescheid des Erhebungszeitraums, auf dessen Ende der vortragsfähige Fehlbetrag nach § 10a GewStG gesondert festzustellen ist, ist für den Verlustfeststellungsbescheid dieses Erhebungszeitraums kein Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO, soweit das Merkmal der sachlichen Steuerpflicht für die Beurteilung des Merkmals der Unternehmensidentität von Bedeutung ist.

 

Normenkette

§ 10a, § 2 Abs. 1, Abs. 4, § 5, § 10, § 35b Abs. 2 GewStG, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 Satz 1, § 184 Abs. 1, Abs. 3 AO

 

Sachverhalt

Eine KG hatte die von ihr gehaltene Beteiligung an einer AG im Lauf des Jahres 1997 durch Übertragung von zwei Aktienpaketen vollständig aufgegeben (teils mit wirtschaftlichem Übergang zum 7.1.1998) und im Zusammenhang damit auch vereinbart, dass ihr übriger Gewerbebetrieb künftig für Rechnung der AG geführt werde. Die AG übernahm die Mitarbeiter einschließlich der diese betreffenden Altersversorgungsverpflichtungen und auch das bewegliche Anlagevermögen sowie Patente und Rechte.

Nach einer Außenprüfung folgte das FA der Auffassung des Prüfers, die gewerbesteuerliche Unternehmensidentität der KG sei am 7.1.1998 verloren gegangen. Für 1998 erging danach ein GewSt-Messbescheid über 0 DM, der bestandskräftig wurde, während für 1999 und 2000 zuvor ergangene GewSt-Messbescheide ersatzlos aufgehoben wurden. Ebenso hob das FA die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.1998 bis 2000 auf.

Mit ihrem gegen die letztgenannten Bescheide gerichteten Begehren, vortragsfähige Verluste auch für den 31.12.1998 bis 2000 festzustellen, hatte die spätere Rechtsnachfolgerin der KG weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 29.2.2012, 5 K 1555/2008, Haufe-Index 6003925).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Urteil des FG. Das FG habe zu dem Ergebnis kommen können, dass die KG ihren werbenden Betrieb am 8.1.1998 dauerhaft eingestellt habe mit der Folge, dass dadurch die Unternehmensidentität verloren gegangen sei. Aus dem bestandskräftig gewordenen GewSt-Messbescheid 1998 ergebe sich nicht mit Bindungswirkung für die Verlustfeststellung, dass die sachliche Steuerpflicht noch nicht beendet gewesen sei.

 

Hinweis

1. Das im Hinblick auf den Sachverhalt komplex gelagerte Urteil betrifft im Kern vorwiegend zwei Fragen, nämlich ob im Verfahren über die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts zu berücksichtigen ist, wann die sachliche GewSt-Pflicht durch Einstellung des Betriebs geendet hat (dazu nachfolgend unter 2.) und ob ein bestandskräftiger GewSt-Messbescheid zugleich mit Bindungswirkung für die Verlustfeststellung die Aussage enthält, dass die sachliche Steuerpflicht bis zum Ende des im Bescheid genannten Erhebungszeitraums bestanden hat (dazu unter 3.).

2. Verlustvorträge können gewerbesteuerlich nur bei fortbestehender Identität des Unternehmers und des Unternehmens verrechnet werden. Die Höhe der verrechenbaren Verluste wird jährlich gesondert festgestellt (§ 10a Satz 2 GewStG). Kommt es ganz oder teilweise zum Wegfall der Unternehmer- oder Unternehmensidentität, stellt sich die Frage, ob das erst bei Erzielung eines Gewinns und der damit gebotenen Verrechnung eines früher festgestellten Verlustvortrags oder bereits im Rahmen der nächsten Verlustfeststellung zu berücksichtigen ist.

Zum Wegfall eines Teils der Unternehmeridentität infolge des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der der GewSt unterliegenden Personengesellschaft hatte der BFH bereits entschieden, dass dies bei der Feststellung des vortragsfähigen Verlusts zu berücksichtigen ist. Wird der anteilige Untergang des Vortrags nicht beachtet, ergibt sich aus der bestandskräftigen Feststellung des ungekürzten Verlustvortrags, dass dieser von den zum Feststellungszeitpunkt beteiligten Gesellschaftern uneingeschränkt genutzt werden kann (BFH, Urteil vom 16.6.2011, IV R 11/08, BStBl II 2011, 903, BFH/NV 2011, 1750).

Im jetzt entschiedenen Fall ging es um den Untergang des gesamten Verlusts wegen der dauerhaften Einstellung des werbenden Betriebs und dem damit eintretenden Wegfall der Unternehmensidentität. Auch der durch Wegfall der Unternehmensidentität eingetretene Untergang eines Verlustvortrags ist bei der Verlustfeststellung zu berücksichtigen. Geht der Verlust – wie im jetzt entschiedenen Fall – ganz unter, muss ein negativer Verlustfeststellungsbescheid ergehen.

3. Vom Fortbestehen der Unternehmensidentität wäre im Urteilsfall allerdings bindend auszugehen gewesen, wenn sich die Existenz des werbenden Betriebs bis zum Ende des Erhebungszeitraums aus dem bestandskräftigen GewSt-Messbescheid ergeben hätte. Nach § 184 Abs. 1 Satz 2 AO wird mit dem GewSt-Messbescheid auch über das Bestehen der sachlichen und persönlichen Steuerpflicht entschieden. Diese Regelung bezieht sich nach Meinung des BFH aber nur auf das Verfahren zur GewSt-Festsetzung durch die Kommune. Letztere hat nicht mehr zu prüfen, ob der Betrieb wirklich während des betreffenden Erhebungszeitraums exis...

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