Leitsatz

1. Erhält ein hauptamtlicher Bürgermeister in Baden-Württemberg eine Dienstaufwandsentschädigung steuerfrei ausbezahlt, die nach der Auslegung durch das FG seine gesamten beruflich veranlassten Aufwendungen ersetzen soll, so kann er nur insoweit Werbungskosten geltend machen, als die Aufwendungen die Entschädigung übersteigen (Bestätigung des Senatsurteils vom 9. Juni 1989, VI R 33/86, BFHE 157, 526, BStBl II 1990, 119).

2. Infolge eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs zu § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG fallen auch die nicht durch die steuerfreie Reisekostenvergütung i.S. des § 3 Nr. 13 EStG abgegoltenen Reisekosten unter das Abzugsverbot des § 3c EStG, wenn die Dienstaufwandsentschädigung auch diese Aufwendungen abgelten soll.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 12 Satz 2, § 3 Nr. 13, § 3c, § 9 Abs. 1 EStG, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 LKomBesVO, § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte im Streitjahr (2009) als hauptamtlicher Bürgermeister in Baden-Württemberg Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er bezog vom Arbeitgeber als steuerfrei behandelte Aufwandsentschädigungen i.H.v. 4.116 EUR (Reisekosten) sowie zusätzlich i.H.v. 7.993 EUR gemäß der im Streitjahr geltenden §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 LKomBesVO. Danach wurde einem Ersten Beigeordneten als Entschädigung für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand, dessen Bestreitung aus den Dienstbezügen dem Beamten nicht zugemutet werden kann, eine Dienstaufwandsentschädigung i.H.v. 9 % des festgesetzten Grundgehalts gewährt.

In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres machte der Kläger Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Fortbildungskosten und sonstige Werbungskosten (Telefonkosten etc.) i.H.v. 757 EUR geltend. Darüber hinaus begehrte er, die Differenz zwischen seinen tatsächlichen Reisekosten i.H.v. 757 EUR und dem steuerfreien Reisekostenersatz i.H.v. 4.131 EUR (= 4.626 EUR) zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Im Einkommensteuerbescheid 2009 berücksichtigte das FA lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag i.H.v. 920 EUR. Die Summe der geltend gemachten Aufwendungen liege unterhalb der steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung, mit der grundsätzlich alle durch das Amt entstandenen Aufwendungen abgegolten seien.

Die nach erfolglosem Vorverfahren vor dem FG erhobene Klage hatte teilweise Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.3.2015, 6 K 1433/12, Haufe-Index 7954106, EFG 2015, 1249). Aufgrund der spezielleren Vorschrift des § 3 Nr. 13 EStG greife das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG hinsichtlich der Reisekosten nicht. Mithin seien die nicht erstatteten Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das angefochtene Urteil aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen auf und wies die Klage ab. Die auf einen weitergehenden Werbungskostenabzug gerichtete Anschlussrevision des Klägers wies der BFH zurück.

 

Hinweis

1. Aufwendungen einschließlich nicht erstatteter Reisekosten sind nach § 3c EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen, wenn die betreffenden ­Aufwendungen mit einer steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG) in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

2. Die Antwort auf die Frage, wofür eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, ist dem jeweiligen Bundes- oder Landesgesetz zu entnehmen, in welchem die Zahlung der betreffenden Aufwandsentschädigung vorgesehen ist (BFH, Urteil vom 9.6.1989, VI R 33/86, BStBl II 1990, 119; BFH, Urteil vom 9.6.1989, VI R 154/86, BStBl II 1990, 121; BFH, Urteil vom 9.6.1989, VI R 27/88, BStBl II 1990, 123).

3. Demnach ist im Streitfall auf § 10 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 LKomBesVO abzustellen. Nach der vom FG vorgenommenen Auslegung der Vorschrift ist diese Aufwandsentschädigung dazu bestimmt, alle mit dem Dienstverhältnis des Beamten zusammenhängenden Aufwendungen abzugelten, also nicht nur seine Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Fortbildungen und sonstige Werbungskosten, sondern auch die nicht durch die zusätzlich gewährten steuerfreien Reisekostenvergütungen (§ 3 Nr. 13 EStG) abgegoltenen Reisekosten. Soweit das FG Bestand und Inhalt, also auch die Zweckbestimmung des § 10 Abs. 1 LKomBesVO festgestellt hat, ist der BFH hieran wie an tatsächliche Feststellungen des FG gebunden (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO; z.B. BFH, Urteil vom 9.6.1989, VI R 27/88, BStBl II 1990, 123, m.w.N.).

4. Hiernach ist im Streitfall ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang (auch) zwischen den von dem Kläger geltend gemachten Reisekosten und der Dienstaufwandsentschädigung zu bejahen. Das hat zur Folge, dass er nur diejenigen Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen kann, die diese Entschädigung übersteigen. Damit konnten sowohl die Klage als auch die Anschlussrevision keinen Erfolg haben. Denn im Streitfall überstiegen die beruflich veranlassten Gesamtaufwendungen des Klägers, d.h. die nicht erstatteten Reisekosten und sonstigen ...

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