Leitsatz

Eine Rechnungskorrektur wegen unzutreffender Steuernummer entfaltet keine Rückwirkung. Der bisherigen EuGH-Rechtsprechung ist nicht explizit zu entnehmen, dass der Besitz einer berichtigten Rechnung den Vorsteuerabzug zu einem früheren Zeitpunkt gestattet.

 

Sachverhalt

Anlässlich einer Außenprüfung wurde der Klägerin die Vorsteuer aus vier Eingangsrechnungen versagt, da die Rechnungen eine unzutreffende Steuernummer des Rechnungsausstellers enthielten. An Stelle der Steuernummer war lediglich die Angabe der Zahl "500" vermerkt. Noch vor Erlass entsprechend geänderter Umsatzsteuerbescheide legte die Klägerin dem Finanzamt mit Schreiben vom 16.11.2010 korrigierte Rechnungen mit der zutreffenden Steuernummer vor. Gleichwohl wurde die Vorsteuer für die Streitjahre 2005 und 2006 nicht berücksichtigt.

 

Entscheidung

Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der Vorsteuerabzug ist in den Streitjahren nicht zu gewähren, da die Rechnungskorrektur nach Ansicht des Finanzgerichts keine Rückwirkung entfaltet (vgl. bereits Urteil des FG Berlin-Brandenburg v. 9.10.2014, 5 K 5092/14). Dass die ursprünglichen Rechnungen die nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG geforderte Angabe der Steuernummer des Rechnungsausstellers nicht enthielten, ist unstreitig. Ganz grundlegend hat der EuGH mit Urteil vom 29.4.2004 (C-152/02) entschieden, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden dort genannten erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dass nämlich die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann. Die Voraussetzung des Besitzes einer Rechnung, die auch in der ab 2004 gültigen Fassung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG enthalten ist, schließt den Vorsteuerabzug zu einem Zeitpunkt, in dem eine (ordnungsgemäße) Rechnung (noch) nicht vorliegt, aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem EuGH-Urteil v. 15.7.2010 (C-368/09), weil der EuGH darin an keiner Stelle explizit festgestellt hat, dass der Besitz einer berichtigten Rechnung den Vorsteuerabzug zu einem früheren Zeitpunkt gestattet. Auch aufgrund des BFH-Beschlusses v. 20.7.2012, V B 82/11 ist eine andere Beurteilung nicht geboten.

 

Hinweis

Für die Praxis sind insbesondere zwei Aspekte von ganz wesentlicher Bedeutung:

  1. Kann der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung mit unzutreffender Steuernummer des Rechnungsausstellers überhaupt versagt werden?

    Hierzu stellt Abschn. 15.2a Abs. 6 Satz 4 UStAE fest, dass die Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der inländischen USt-Idnr. und der Rechnungsnummer dem Rechnungsempfänger regelmäßig gar nicht möglich ist. Ist eine diese Angaben unrichtig und konnte der Unternehmer dies nicht erkennen, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind (Abschn. 15.2a Abs. 6 Satz 5 UStAE). Vorliegend muss(te) sich die Klägerin allerdings entgegenhalten lassen, dass sie die Fehlerhaftigkeit der Steuernummer erkennen konnte, weil die bloße Zahl "500" vermutlich selbst von einem Laien nicht als eine in Deutschland gebräuchliche Steuernummer beurteilt werden kann (vgl. auch BFH, Urteil v. 2.9.2010, V R 55/09).

  2. Kommt einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zu, insbesondere wenn sie noch vor Erlass der geänderten Umsatzsteuerbescheide ergangen ist?

    Anders als das Finanzgericht Berlin-Brandenburg folgern große Teile der Literatur und auch einige Finanzgerichte aus dem EuGH-Urteil vom 15.7.2010 (C-368/09), dass einer Rechnungsberichtigung sehr wohl Rückwirkung kommen müsse, zumindest wenn die ursprüngliche Rechnung die sog. Mindestangaben (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt ohne Steuer, Steuerbetrag) bereits enthielt. Ebenso hat der BFH mit Beschluss vom 20.7.2012 (V B 82/11) erhebliche Zweifel daran geäußert, dass einer Rechnungsberichtigung keine Rückwirkung zukommen soll. Zu dieser Problematik hat das FG Niedersachsen bereits den EuGH angerufen und um Vorabentscheidung gebeten (Urteil v. 3.7.2014, 5 K 40/14). Dieser hat nun insbesondere drei Fragen zu klären:

    1. Ist im Fall der Ergänzung einer zunächst unvollständigen Rechnung der Vorsteuerabzug auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Erhalts der Rechnung erreichbar?
    2. Welche Mindestanforderungen sind an eine einer Rückwirkung zugänglichen, berichtigungsfähige Rechnung zu stellen?
    3. Ist die Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig, wenn sie erst im Rahmen des Einspruchsverfahrens erfolgt, das sich gegen die abschließende Entscheidung (Änderungsbescheid) der Finanzverwaltung richtet?

Hinweis: In diesem Verfahren wurde der Vorsteuerabzug aus Gutschriften versagt, die weder die Steuernummer noch eine USt-Idnr. des jeweiligen Handelsvertreters enthielten.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2014, 5 K 5083/14

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