Leitsatz

1. Eine Tierkörperbeseitigungsanstalt, in der tierische Rohstoffe u.a. zu Tierfett verarbeitet werden, kann die Steuerbefreiung nach § 26 Abs. 1 EnergieStG nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Verwendung des Tierfetts als Heizstoff der Herstellung von Energieerzeugnissen dient, nicht aber insoweit, als durch eine solche Verwendung andere Erzeugnisse hergestellt werden, die keine Energieerzeugnisse sind.

2. Sog. Kuppelprodukte, die zwangsläufig mit der Herstellung von Energieerzeugnissen anfallen, ohne solche zu sein, bleiben bei der Ermittlung des Umfangs der Steuerbefreiung unberücksichtigt.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 26 Abs. 1 EnergieStG, Art. 21 Abs. 3 EGRL 96/2003

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Inhaberin einer Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen und betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanlage, in der tierische Nebenprodukte zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet wurden. Tiermehl verkaufte sie als Brennstoff, wobei sie nur in einem Streitjahr durch den Verkauf einen positiven Erlös erzielen konnte. Tierfett verkaufte sie zum Teil als Energieerzeugnis bzw. an Chemieunternehmen, zum Teil verwendete sie es selbst als Heizstoff zur Erzeugung von Prozessdampf für die Sterilisation und Trocknung in ihrer Anlage.

Für das für die Dampferzeugung verwendete Tierfett gab die Klägerin keine Steueranmeldung ab, da dieses Tierfett der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient habe (§ 26 Abs. 1 EnergieStG a.F.). Dem folgte das HZA nicht. Das Tierfett habe nicht in vollem Umfang der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 7.2.2018, 4 K 1172/17 VE, Haufe-Index 11650303).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Obwohl der BFH der Argumentation des FG bezüglich der nicht veräußerbaren Kuppelprodukte nicht gefolgt ist, hatte das Urteil Bestand, weil auch das FG die Begünstigung für die Herstellung von Tiermehl (für eines von zwei Streitjahren) abgelehnt hatte.

Das HZA hatte selbst keine Revision – und auch keine Anschlussrevision – eingelegt. Deshalb hatte das Urteil des FG Bestand, soweit das FG zugunsten der Klägerin für das eine Streitjahr eine umfassende Steuerbefreiung angenommen hat. Der Revisionsbeklagte muss jedoch selbst Revision einlegen, wenn er mehr erreichen will als die Zurückweisung der Revision des Klägers (Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl., § 120 Rz. 77).

 

Hinweis

Streitig war im Entscheidungsfall, wie weit das sog. Herstellerprivileg reicht, wenn auch andere als Energieerzeugnisse hergestellt werden, wobei insbesondere die sog. Kuppelprodukte im Streit standen.

Das FG hatte in seinem Urteil den von der Klägerin verwendeten Begriff der sog. Kuppelprodukte übernommen. Darunter verstehen die Klägerin und das FG solche Produkte, die bei der Herstellung von Energieerzeugnissen zwangsweise anfallen – wie in der klägerischen Tierkörperbeseitigungsanstalt das Tiermehl. Offensichtlich bezieht sich die Klägerin mit dieser Begrifflichkeit auf zwei Schreiben des BMF (BMF vom 27.7.2006, III A 1 – V 9905/05/0001; BMF vom 4.7.2008, III A 1 – V 8230/07/0003). Letztlich hatte das BMF in den genannten Schreiben jedoch keine Aussage zur Behandlung sog. Kuppelprodukte getroffen.

Die Herstellung des Tiermehls als Kuppelprodukt soll nach Ansicht des FG nur dann begünstigt sein, wenn das Tiermehl nicht und auch nicht zu einem geringen Preis verkauft werden könne, wenn also Abfall vorliege (so in einem von zwei Streitjahren geschehen).

Weder der Begriff des "Kuppelproduktes" noch die vom FG zur Abgrenzung gestellte Frage, ob das "Kuppelprodukt" verkauft werden könne, finden in der EnergieStRL oder im EnergieStG eine Stütze.

Vielmehr gilt: Tierfette können gemäß § 26 Abs. 1 EnergieStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung steuerfrei verwendet werden zur Aufrechterhaltung eines Herstellungsbetriebs i.S.d. § 6 EnergieStG. Herstellungsbetriebe sind Betriebe, in denen von § 4 EnergieStG erfasste Energieerzeugnisse hergestellt werden. Die Steuerbefreiung kann nur für die Herstellung von Energieerzeugnissen in Anspruch genommen werden. Anderenfalls könnte durch eine verhältnismäßig geringe Produktion von Energieerzeugnissen eine Steuerbegünstigung auch für die Herstellung anderer Produkte erlangt werden (BFH, Urteil vom 29.10.2013, VII R 26/12, BFH/NV 2014, 257). Zudem widerspräche es dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), weil andere Herstellungsbetriebe ohne Herstellung verbrauchsteuerpflich­tiger Energieerzeugnisse ohne rechtfertigenden Grund nicht begünstigt wären.

Weil Tiermehle zwar bei der Produktion der Tierfette zwangsläufig anfallen, allerdings keine Energieerzeugnisse sind, konnte sich die Begünstigung nicht auf deren Herstellung beziehen. Der BFH hat seine Rechtsprechung mit diesem Urteil konsequent fortgeführt. Die restriktive Auslegung der Begünstigungsnorm entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 6.6.2018, C-49/17, Koppers Denmark, E-CL...

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