Leitsatz

Befinden sich im Pfarrbüro eines Pfarrhauses mehrere Räumlichkeiten, in denen sich der Pfarrer einen Arbeitsplatz zur Erledigung seiner Arbeiten einrichten könnte, so ist davon auszugehen, dass ihm ein "anderer" Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung steht und dass somit ein Werbungskostenabzug für das in seiner Wohnung im Pfarrhaus befindliche Arbeitszimmer ausgeschlossen ist. Ein "anderer Arbeitsplatz" ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist; weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. Insbesondere das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers über die Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes ist unerheblich.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Pfarrer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. In seiner Steuererklärung machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Das Finanzamt hat diese Aufwendungen nicht berücksichtigt, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers dargestellt habe. Hiergegen wurde Klage erhoben mit der Begründung, dass dies doch der Fall sei, da dem Kläger im Pfarrhaus kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stünde. Das sog. Amtszimmer sei zudem nie als solches genutzt worden und wegen erheblicher Baumängel nicht nutzbar. Da dem Pfarrer in seiner Wohnung im 1. Obergeschoss des Pfarrhofs ein neu renoviertes Arbeitszimmer zur Verfügung stand, hat er keine Notwendigkeit einer Renovierung der Räume im Erdgeschoss gesehen.

 

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Bei einem Arbeitnehmer dürfen nach dem alten Rechtsstand die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur ausnahmsweise bis zu einem Höchstbetrag von 1.250 EUR als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, der auf objektiven Kriterien beruht. Das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers über die Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes, wie z. B. persönliche Arbeitsweise, Vorlieben, Gesundheitszustand, familiäre Situation etc., sind unerheblich. Nach diesen Kriterien liegen nach Meinung des Gerichts die Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers nicht vor. Dem Kläger steht ein Arbeitsplatz zur Verfügung bzw. er hätte als Pfarrer die Möglichkeit, ein entsprechendes Zimmer im Pfarrhof für sich zu reservieren. Diese Zimmer sind aber den Mitarbeitern zugewiesen. Wenn der Kläger zu Gunsten der Mitarbeiter darauf verzichtet, einen Raum im Erdgeschoss als Arbeitszimmer zu nutzen oder sich einzurichten, so ändert dies nichts daran, dass ihm ein "anderer Arbeitsplatz" i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG zur Verfügung stand.

 

Hinweis

Das Urteil des FG überrascht nicht, da bereits der BFH in seinem Beschluss v. 5.3.2008, VI B 95/07, BFH/NV 2008 S. 956 entschieden hat, dass für ein häusliches Arbeitszimmer die Entscheidung des Steuerpflichtigen, bestimmte Arbeiten vorzugsweise am häuslichen Arbeitsplatz erledigen zu wollen, unbeachtlich ist. Das Urteil des FG verdeutlicht die hohen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers. In der Praxis ist darauf zu achten, dass nachgewiesen werden muss, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der eventuelle Wunsch des Arbeitnehmers auf Heimarbeit genügt nicht.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 24.11.2011, 11 K 1167/11

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