Leitsatz

1. Der Ausschluss der Rechtsfolgen einer vGA gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009 gilt nicht nur für die begünstigte dauerdefizitäre Eigengesellschaft, sondern auch für die kapitalertragsteuerlichen Folgen beim (unmittelbaren oder mittelbaren) Anteilseigner.

2. Der Bestandsschutz gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009 setzt voraus, dass vor dem 18. Juni 2008 für den konkreten Einzelfall bestandskräftige oder zumindest unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Bescheide existierten oder eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 und 3, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine kommunale Gebietskörperschaft, die in den Streitjahren (2003 und 2004) Alleingesellschafterin der Y‐GmbH war. Die Y‐GmbH war ihrerseits zu 100 % an der Z‐GmbH beteiligt, die an drei dauerdefizitäre Tochtergesellschaften (A-, B- und C-GmbH) Verlustausgleichszahlungen leistete. Von den drei Tochtergesellschaften verfolgte nur die B-GmbH steuerbegünstigte Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG.

Die Z‐GmbH behandelte diese Zahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligungen und nahm in gleicher Höhe Teilwertabschreibungen vor. Das FA sah darin verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der Y‐GmbH an die Klägerin und unterwarf diese der Kapitalertragsteuer. Es setzte gegen die Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG Kapitalertragsteuer i.H.v. 10 % der geleisteten Verlustausgleichszahlungen sowie einen Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5 % der Kapitalertragsteuer fest. Gegenüber der Y-GmbH erging als Schuldnerin der Kapitalerträge ebenfalls ein Nachforderungsbescheid.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG Münster, Urteil vom 18.8.2015, 10 K 1712/11 Kap, Haufe-Index 8732136, EFG 2015, 2076). Das FG hob die Kapitalertragsteuerbescheide auf.

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zu einer Aufhebung des Urteils, da die Festsetzung der Kapitalertragsteuer aufgrund einer vGA – ausgelöst durch die Verlustübernahme für die A- und C-GmbH – rechtmäßig war. Die Voraussetzungen der Übergangsregelung gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG lagen entgegen der Auffassung des FG nicht vor. Hinsichtlich der Verlustübernahme für die B-GmbH war die vGA jedoch nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG ausgeschlossen

 

Hinweis

1. Nach dem BFH-Urteil vom 22.8.2007 (BFH, Urteil vom 22.8.2007, I R 32/06, BFH/NV 2007, 2424, BFH/PR 2008, 20) führt der Verlustausgleich bei einem strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetrieb durch die Trägerkörperschaft regelmäßig zur Annahme einer vGA. Dies gilt auch bei einer mittelbaren Beteiligung, bei der die vGA entlang der Kette bis zur Trägerkörperschaft als Obergesellschafterin durchgereicht wird. Der VIII. Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und eine vGA bei der Klägerin bejaht.

2. Jedoch ist die Besteuerung der vGA gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG ausgeschlossen. Die Vorschrift ist die Reaktion des Gesetzgebers auf das o.g. Urteil des BFH vom 22.8.2007. Danach sind die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht bereits deshalb zu ziehen, weil die Gesellschaft ein Dauerverlustgeschäft ausübt. Nach Auffassung des BFH lässt sich dem Wortlaut der Regelung keine Beschränkung hinsichtlich der Folgen der vGA auf der Ebene der Gesellschaft entnehmen, sodass sie die Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 EStGauch auf der Ebene des Anteilseigners ausschließt.

3. Hierbei reicht eine mittelbare Tragung der Verluste durch den öffentlich-rechtlichen Anteilseigner aus, der jedoch die Mehrheit der Stimmrechte halten muss. Im Streitfall hielt die Klägerin die mittelbare Mehrheitsbeteiligung an der Z‐GmbH. Sie stattete diese mit dividendenträchtigen Beteiligungen aus, um den Ausgleich der Verluste der A‐, B‐ und C‐GmbH zu ermöglichen. Dadurch hat sie auf die entsprechenden Dividendeneinnahmen verzichtet und die Verluste mittelbar selbst getragen.

4. Weitere Voraussetzung für den Ausschluss der Besteuerung der vGA gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG ist, dass das Dauerverlustgeschäft aus verkehrs‐, umwelt‐, sozial‐, kultur‐, bildungs‐ oder gesundheitspolitischen Gründen betrieben wird. Einer dieser in Bezug auf die vGA begünstigten Zwecke lag nur bei der dauerdefizitären B-GmbH, nicht jedoch bei der A- und C-GmbH vor.

5. Für diese greift – entgegen der Auffassung des FG – auch nicht der Bestandsschutz gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG. Dieser erfordert, dass vor dem 18.6.2008 bestandskräftige – oder zumindest unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene – Bescheide existierten oder eine verbindliche Auskunft erteilt wurde, die eine vGA ausgeschlossen haben. Dies war vorliegend nicht der Fall.

6. Der BFH hatte hinsichtlich des Ausschlusses der Besteuerung der vGA bei dauerdefizitären kommunalen Eigenbetrieben gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 ...

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