Begriff

Organisation ist die Gestaltung betrieblicher Abläufe und Verfahrensweisen mit dem Ziel, möglichst sachgemäß zu handeln und bestimmte Vorgaben zu erreichen. Die Berufspflichten des Steuerberaters (Steuerberatungsgesetz, Berufsordnung) geben den Mindestrahmen der Kanzleiorganisation vor. Steuerberater sind verpflichtet, die für eine gewissenhafte Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und sonstigen organisatorischen Voraussetzungen zu gewährleisten.

Die Hauptaufgabe der Kanzleiorganisation ist es, Fehler zu vermeiden und das Haftungsrisiko zu minimieren, d. h. den Mandanten vor Schaden zu bewahren. Das Risiko eines Regresses ist für Steuerberater in der täglichen Berufspraxis keinesfalls abstrakt. Fristversäumnisse (Einspruch, Klage) aufgrund schuldhafter Verletzung von Organisationspflichten gehören zu den häufigsten Fällen, die bei den Berufshaftpflichtversicherern gemeldet werden und führen oft zu hohen Schadensersatzansprüchen seitens der Mandanten.

Zur Unterstützung der Kanzleiorganisation ist der Einsatz von EDV und neuen Medien unerlässlich.

Kanzleiorganisation ist Teil des Qualitätsmanagements (QM).

Anfang 2023 startete das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) der Bundessteuerberaterkammer. Zwingend müssen Steuerberater sich mit der Einrichtung und den Nutzungsbedingungen befassen und dabei auch die Alternativen der Einreichung von Klagen beim BFH und den Finanzgerichten bei technischen Ausfällen bzw. Problemen des beSt kennen.[1]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 57 StBerG (Abs. 1a–1c eingefügt m. W. v. 1.8.2022 durch Gesetz v. 7.7.2021, BGBl I 2021 S. 2363) und die Berufsordnung (BOStB) in der Fassung vom 3.5.2022, ab 1.8.2022 legen den Mindeststandard der Kanzleiorganisation fest. Die Rechtsprechung des BGH (IX. Zivilsenat, zuständig für Anwalts- und Steuerberaterhaftung) – insbesondere zum Organisationsverschulden bei Anträgen der Rechtsanwälte/Steuerberater auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Fristversäumnis – zeigt auf, was der Steuerberater besser machen könnte bzw. welche Mängel in seiner Kanzleiorganisation bestehen.[2]

Beantragt ein Steuerberater wegen Nichtnutzung des beSt (Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH per Fax) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, muss er darlegen, weshalb er nicht von der Möglichkeit der Priorisierung seiner Registrierung (sog. "fast lane") Gebrauch gemacht hat.[3]

Bundessteuerberaterkammer und die Steuerberaterkammern fördern QM-Maßnahmen im Berufsstand. Grundlage ist die "Verlautbarung zur Qualitätssicherung in der Steuerberaterpraxis" (Stand: 19.4.2021), die den Berufsangehörigen Empfehlungen für die Sicherung der Qualität der beruflichen Arbeit gibt und den Weg weist, wie Praxisorganisation und Arbeitsabläufe systematisch geprüft und verbessert werden können.

[2] BGH, Beschluss v. 23.6.2022, I ZB 76/21: Anwaltliche Pflicht zur Prüfung der Eintragung einer Rechtsmittelfrist.
[3] BFH, Beschluss v. 28.4.2023, XI B 101/22; Niedersächsisches FG, Teilurteil v. 20.3.2023, 7 K 183/22, EFG 2023 S. 643: Nutzungspflicht des beSt ab 1.1.2023, auf den Erhalt des Registrierungsbriefs oder der Erstanmeldung kommt es daher nicht an.

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