BMF, 20.8.2012, IV D 3 - S 7177/07/10001 - 02

Durch Artikel 4 Nr. 6 Buchstabe a des JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl 2010 I S. 1768) wurde § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG mit Wirkung zum 1.1.2011 geändert und folgender Satz „Für die Erteilung der Bescheinigung gilt § 181 Abs. 1 und 5 der Abgabenordnung (AO) entsprechend.” eingefügt.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:

 

I. Erlass und Aufhebung von Bescheinigungen nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG

Mit der Einfügung des § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG durch das JStG 2010 wurde in Anlehnung an die Regelungen zur Feststellungsverjährung eine Befristung für den rückwirkenden Erlass der für die Steuerbefreiung maßgebenden Bescheinigung geschaffen. Damit geht einher, dass eine Abwicklung bzw. Rückabwicklung von Vorsteuerbeträgen sowohl durch den Steuerpflichtigen als auch durch die Finanzbehörden nur noch für einen zeitlich begrenzten Zeitraum möglich ist.

Für die Erteilung oder die Aufhebung der Bescheinigung sowie alle anderen damit im Zusammenhang stehenden Aspekte des Verwaltungsverfahrens ist das jeweilige Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes maßgebend, dem die bescheinigende Behörde angehört. Im Gegensatz zur AO enthalten die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder aber keine Verjährungsregelungen. Dieser Tatsache trägt die gesetzliche Änderung in § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG Rechnung; allerdings sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur die Regelungen über die Feststellungsverjährung entsprechend anzuwenden sein. Hinsichtlich der allgemeinen Verfahrensvorschriften sind daher weiterhin die Regelungen der jeweils maßgebenden Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder anzuwenden.

Dabei ist im Einzelnen Folgendes zu beachten:

Die Frist für den rückwirkenden Erlass oder die rückwirkende Aufhebung der Bescheinigung beträgt grundsätzlich vier Jahre (§ 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 AO).

Der Beginn dieser Frist richtet sich danach, für welchen Besteuerungszeitraum die Bescheinigung erteilt werden soll (sinngemäße Anwendung des § 170 Abs. 1 AO gemäß dem nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG entsprechend anzuwendenden § 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Hierbei ist zu beachten, dass die Bescheinigung regelmäßig einen Dauer-Verwaltungsakt darstellt, der das Vorliegen bestimmter Verhältnisse ab einem bestimmten Zeitpunkt bis auf weiteres bestätigt. Die nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG erforderliche Bescheinigung darf daher von den zuständigen Landesbehörden mit steuerlicher Wirkung grundsätzlich rückwirkend nur noch für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren (§ 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1,§ 169 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 und § 170 Abs. 1 AO) nach Ablauf des Jahres, für das die Bescheinigung gilt, bzw. bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG i.V.m. § 181 Abs. 5 AO) ausgestellt werden.

Die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO kommt nicht zur Anwendung, weil für den Unternehmer keine Verpflichtung besteht, eine Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG zu beantragen. Insoweit greift als Korrektiv die Befugnis der Finanzbehörden, unabhängig vom Unternehmer – und ggf. auch gegen dessen Willen – eine Bescheinigung zu beantragen. Die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 3 AO ist auf die Fälle der Aufhebung einer bereits erteilten Bescheinigung beschränkt. Die Frist für die Aufhebung der Bescheinigung beginnt frühestens mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem vom Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde der entsprechende Antrag gestellt wurde.

Die Regelungen zu den Ablaufhemmungen (z.B. nach § 171 Abs. 1, 2, 3 und 3a AO) kommen bei Berechnung der Frist für die Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG entsprechend zur Anwendung.

Zudem ist das verjährungsrechtliche Wechselspiel zwischen der Umsatzsteuerfestsetzung und der Erteilung der Bescheinigung zu beachten:

  1. Wird eine Bescheinigung vor Ablauf der nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG geltenden Frist erteilt oder aufgehoben, gilt hinsichtlich der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO, d.h. es besteht insoweit für den jeweiligen Umsatzsteuerbescheid eine Anpassungsfrist von zwei Jahren nach Bekanntgabe der Bescheinigung (vgl. AEAO zu § 171, Nummer 6). Für die betroffenen Kalenderjahre sind die jeweiligen Umsatzsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern.
  2. Wird eine Bescheinigung nach Ablauf der nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG geltenden Frist erteilt oder aufgehoben, gilt Folgendes:

Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG kann auch nach Ablauf der nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 3 UStG geltenden Frist insoweit erteilt oder aufgehoben werden, als sie für eine Umsatzsteuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Erteilung oder Aufhebung der Bescheinigung noc...

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