Zusammenfassung

 
Überblick

Der Begriff des Internationalen Steuerrechts wird als übergeordnete Umschreibung der 4 Elemente des deutschen Steuerrechts bezeichnet, die sich mit grenzüberschreitenden Besteuerungssachverhalten beschäftigen. Es handelt sich um die Regelungen

  • der Doppelbesteuerungsabkommen;
  • der nationalen Vorschriften mit Auslandsbezug;
  • des Außensteuergesetzes;
  • der Vorschriften des EU-Rechts für die direkten Steuern.

Anstelle des Begriffs des Internationalen Steuerrechts wird häufig auch synonym der Begriff "Außensteuerrecht" verwendet.

Die DBA regeln hierbei vorrangig in den sog. Zuweisungsartikeln, ob und in welchem Umfang ein ausländischer Quellenstaat (Belegenheits-/Tätigkeits-/Betriebsstättenstaat) das Besteuerungsrecht hat, und im sog. Methodenartikel, ob in Deutschland diese Einkünfte steuerfrei sind oder die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der ausländischen Steuer beseitigt wird. Die nationalen Vorschriften wirken hierbei regelmäßig ergänzend, z. T. aber auch überlagernd durch sogenannte treaty-overrides. Z. B. ist auch das nationale AStG ergänzend zu prüfen, wenn sich Fragen der Steuergestaltung infolge der Nutzung des internationalen Steuergefälles ergeben (Anwendungsfälle: Verrechnungspreise, Wegzug mit einer Beteiligung i. S. des § 17 EStG/Schenkung oder Erbfall der Beteiligung in einen ausländischen Staat oder Nutzung einer thesaurierenden Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerstaat). Das EU-Recht der direkten Steuern hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft sowohl die Rechtsetzung durch die EU-Richtlinien (z. B. aktuell den Entwurf der BEPS Umsetzungsrichtlinie) als auch durch die Rechtsprechung des EuGH, der sich als Motor des steuerlichen Binnenmarkts versteht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Den Steuerpflichtigen, die Verwaltung und die Rechtsprechung bindende Normen sind hinsichtlich der DBA der Abkommenstext, das Protokoll oder Schlussprotokoll und die Rechtsverordnungen zu § 2 Abs. 2 AO (derzeit mit den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich, den USA, Österreich, Luxemburg, Großbritannien und Belgien).

Der BFH hat sich im Urteil v. 10.6.2015, I R 79/13[1], erstmals mit der Bedeutung der mit dem JStG 2010 eingefügten Norm des § 2 Abs. 2 AO beschäftigt und im Fall der grenzüberschreitenden Abfindungen entschieden, dass eine Übereinkunft zwischen den deutschen und Schweizer Steuerbehörden[2] nach Maßgabe von Artikel 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971 die Gerichte nicht bindet. § 2 Abs. 2 AO (i. d. F. des JStG 2010) i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV v. 20.12.2010[3] ändere daran nichts; er genüge insoweit nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die nach Artikel 80 Abs. 1 GG an eine Verordnungsermächtigung zu stellen seien. Die Finanzverwaltung wendet diese Grundsätze zwar hinsichtlich der Abfindungen an (vgl. BMF, Schreiben v. 21.4.2016, IV B 2 – S 1304/09/10004), was aber auf die gesetzliche Regelung (treaty override) des § 50d Abs. 12 EStG 2017 zurückzuführen ist.

Entsprechendes gilt nach dem BFH-Urteil v. 30.5.2018

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auch für § 9 Abs. 1 KonsVerCHEV. Denn auch im Hinblick auf die Grenzgängervorschrift des Art. 15a DBA-Schweiz enthalte § 2 Abs. 2 AO i. d. F. des JStG 2010 keine näheren Vorgaben zu Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung.

Die Finanzverwaltung folgt dem nicht. Sofern bestehende Konsultationsvereinbarungen die Wortlautgrenze wahren, ist hinsichtlich ihrer Bindungswirkung gegenüber sonstigen festgeschriebenen Verwaltungsauffassungen (z. B. BMF-Schreiben) die Besonderheit zu beachten, dass für die Auslegung völkerrechtlicher Verträge das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WÜRV), hier Art. 31 Abs. 3 Buchst. a) und b) WÜRV, gilt.

Eine Konsultationsvereinbarung unterscheidet sich ihrer Natur nach von einer reinen (einseitigen) Verwaltungsauffassung: Eine Konsultationsvereinbarung gibt den übereinstimmenden Willen der für den jeweiligen völkerrechtlichen Vertrag zuständigen Behörden wider, wie eine bestimmte Regelung eines völkerrechtlichen Vertrages zu verstehen ist. Als solche ist ihr von den Gerichten entsprechende Bedeutung zuzumessen. Insofern handelt es sich nach Art. 31 Abs. 1 Buchst. a) und b) WÜRV um eine spätere Übereinkunft der Vertragsstaaten über die Auslegung des jeweiligen DBA bzw. die Anwendung seiner Bestimmungen und ist als spätere Übung bei der Anwendung des DBA auch bei der gerichtlichen Überprüfung dieser Auslegung des DBA zu berücksichtigen. Dies wurde vom BFH bislang nicht ausreichend gewürdigt, zumal aktuelle Ergebnisse der Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission) im Rahmen des Projekts „Treaties over Time“, das die Klärung der Auslegung völkerrechtlicher Abkommen übernommen hat, nicht berücksichtigt werden.

Der BFH wird sich mit dieser Auslegung in weiteren Verfahren beschäftigen müssen. Anhängig sind z. B. die Revisionen I R 60/17.

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Verwaltungsanweisungen ergehen regelmäßig nicht zu einem konkreten DBA, sondern zu Themenoberbegriffen wie die Betriebss...

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