Tz. 1239

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Das Verhältnis der beiden vorgenannten Grundsätze und insbes die Bedeutung der Selbständigkeitsfiktion des Art 7 Abs 2 OECD-MA (aF) ist umstritten. Dies zeigt sich insbes bei der Frage, ob der tats erzielte Gesamtgewinn des handelsrechtlichen Einheitsunternehmens die Obergrenze von zurechenbaren Gewinnanteilen darstellt, oder ob Stammhaus oder BetrSt trotz Gesamtverlust ein Gewinn zuzuweisen ist (zB s Fink, RIW 1988, 43). Unter Fremdvergleichsgesichtspunkten ist dies grds denkbar. Allerdings wird aus Art 7 Abs 1 S 2 OECD-MA auch die Forderung abgeleitet, dass der Gewinn der BetrSt immer zugleich auch Unternehmensgewinn sein muss, denn nur "die Gewinne des Unternehmens ..." dürfen, wenn sie der BetrSt zugerechnet werden, im BetrSt-Staat besteuert werden. UE ist dem nicht zu folgen, sondern entspr Becker (DB 1989, 10) muss nur das Unternehmensergebnis als Saldo aller Teilergebnisse am Ende wieder erreicht sein. Zudem findet diese Selbständigkeitsfiktion ihre Grenze auch bei Geschäften, bei denen BetrSt und Stammhaus nicht wie fremde Dritte miteinander verkehren können. Dies gilt insbes für die Berücksichtigung von schuldrechtlichen Verträgen (hierzu im Detail s Tz 1251ff). Zu diesen Auff der absoluten oder eingeschränkten Selbständigkeit im Detail s Hemmelrath, in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl, Rn 69ff zu Art 7 OECD-MA.

 

Tz. 1240

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Streitig ist neben diesem Grund-Bsp vor allem die allgemeine Reichweite des Fremdvergleichsgrundsatzes aus Art 7 Abs 2 OECD-MA. Während die wohl hM (Schaumburg, Rn 16.264; Wassermeyer, Rn 324 zu Art 7 OECD-MA) nur von einem eingeschränkten Fremdvergleichsgrundsatz und einer eingeschränkten Selbständigkeit der BetrSt ausgeht und zB grds Dienstleistungen, Darlehensverhältnisse und Lizenzvereinbarungen zwischen Stammhaus und BetrSt nicht anerkennen will, ist zB Kroppen (IStR 2005, 74; IWB F10 Gr2, 1865) für die Anwendung eines uneingeschränkten Fremdvergleichs zwischen Stammhaus und BetrSt zum Zwecke der Gewinnaufteilung auf Abkommensebene. Dies würde letztendlich zu einer Gleichbehandlung von verbundenen Unternehmen (Kap-Ges) und BetrSt auf Abkommensebene führen. Dies wird damit begründet, dass es zwar zwischen einer TG als eigenständigem Rechtsträger und einer BetrSt als unselbständigem Unternehmensteil diverse zivil- und strechtliche Unterschiede gibt. Allerdings hätten die DBA nur einen eingeschränkten Zweck, nämlich zwischen den Staaten das Besteuerungsaufkommen sachgerecht aufzuteilen (s Kroppen, IStR 2005, 74). Gemessen an diesem Zweck gäbe es keinen sachlichen Grund, warum die Aufteilung unterschiedlich sein soll, je nachdem, ob im Quellenstaat eine TG oder eine BetrSt tätig wird, wenn beide dieselben Funktionen ausüben und am Markt identisch agieren.

 

Tz. 1241

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Aus diesem Konflikt ergibt sich ein "Nebeneinander" beider Grundsätze die sich wirtsch betrachtet faktisch nur in der Frage eines Gewinnaufschlags oder einer reinen Kostenzuordnung unterscheiden. Daher ist transaktionsbezogen für jeden "Geschäftsvorfall" die Anwendung und Abgrenzung der beiden Grundsätze zu entscheiden. Hierbei kann ansatzweise vom Grundsatz ausgegangen werden, dass Aktivitäten, die grds auch von einem fremden Dritten erbracht werden, mit dem Fremdpreis zu bepreisen sind (Bsp: die Montage einer Anl, s Tz 1260ff), während idR unternehmensinterne Leistungen nur durch Kostenweiterbelastung abzugrenzen sind (zB Stabstellenleistungen wie die Erbringung der Buchhaltung vom Stammhaus für die BetrSt, s Tz 1260ff).

Diese faktisch unlösbaren Konflikte führten letztendlich zum neuen AOA-Ansatz.

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