Tz. 1213

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Von dem Grundsatz, dass der in § 1 Abs. 5 AStG kodifizierte AOA vorgeht, sollen gem § 1 Ab. 5 S 8 AStG Ausnahmen gelten, sofern

ein DBA anzuwenden ist,
dessen Regelungen der innerstaatlichen Norm widersprechen und

der Stpfl nachweist, dass

der andere Staat sein Besteuerungsrecht entspr diesem Abkommen ausübt und
deshalb die innerstaatlichen Regelungen zur Doppelbesteuerung führen würden.

§ 1 Abs 5 S 8 AStG enthält damit faktisch einen Vorrang für "alte" DBA, die nicht Art 7 OECD-MA 2010 entsprechen. Der Hintergrund ergibt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs. Demgemäß können "internationale Besteuerungskonflikte [entstehen], weil mit dem betreffenden Staat ein DBA abgeschlossen wurde, das keine Regelung entspr Art 7 OECD-MA 2010 enthält". Die "Rechtsqualität" ist umstritten. Die Auferlegung des Nachweises durch den Stpfl wird verschiedentlich als Treaty Override qualifiziert (s Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zum Gesetz-E; Baldamus, IStR 2012, 317). Andererseits wird auch herausgearbeitet, dass es sich nur um eine Verfahrensregelung handelt (s Bebhardt, BB 2012, 2353). Zu vergleichbaren Verfahrensvorschriften wie § 50d Abs 1 EStG, der Nachweiserbringung für Quellen-St-Entlastungen wird die Auff vertreten, dass kein völkerrechtlich bedenklicher Treaty Override vorliegt (s Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl 2014, Rn 6 unter Bezugnahme auf s Urt des BFH v 13.07.1994, BStBl II 1995, 129).

 

Beispiel:

Die dt A-GmbH hat eine BetrSt in Wien/Österreich. Infolge einer Verlagerung der Produktion nutzt diese eine urspr in D genutzte Maschine, die urspr für dortige Zwecke angeschafft wurde.

Lösung:

1. Aufgrund der Funktionsänderung ist die Maschine der österreichischen BetrSt zuzuordnen. Wirtsch liegt entweder eine Überführung oder eine Vermietung vor.
2. Im Fall der Vermietung hätte ein fremder Dritter neben den Kosten auch einen Gewinnaufschlag einkalkuliert (zB Cost Plus).
3 Der Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz erhöht die ausl Eink der dt GmbH, daher Korrektur nach § 1 Abs 5 Satz 1 AStG (Gewinnerhöhung in D).
4. Nach derzeitigem österreichischen Verständnis wird bei DBA auf Basis des "alten" Art 7 OECD-MA keine fremdübliche Miete ("Dealing") angesetzt, sondern lediglich der Aufwand verursachungsgerecht der österreichischen BetrSt zugeordnet (s österreichisches BMF v 25.11.2011, EAS 3251).
5. Österreich lässt aufgrund des aktuellen Art 7 DBA Österreich (und derzeit auch aufgrund des § 6 Z 6 öEStG) nur den zugeordneten Aufwand, nicht aber die Gewinnkomponente (Mark-up) zum Abzug zu (s österreichisches BMF v 25.11.2011, EAS 3251).
6. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist zu versuchen, den Escape gem § 1 Abs 5 S 8 AStG zu führen. Die dt GmbH hat hierzu den entspr Nachweis zu führen (zB ausl St-Bescheid und ergänzende Unterlagen).

Mangels Aussagen in der BSGaV und einem noch nicht vorliegenden BMF-Schr stellt sich die Frage, wie der Stpfl nachweisen soll, dass die Ausnahmevoraussetzungen vorliegen. In der Lit wird angezweifelt, ob ein Gegenbeweis bei wörtlicher Auslegung überhaupt möglich ist (s Ditz/Quilitsch, DStR 2013, 1917; s Schwarz, Ubg 2014, 48).

 

Tz. 1214

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Hierzu ist festzuhalten, dass eigentlich zwei Nachweise erforderlich sind:

Die 1. Praxisfrage ist, wie nachgewiesen werden kann, dass der ausl Vertragsstaat sein Besteuerungsrecht entspr dem einschlägigen DBA ausübt (genügt zB St-Erklärung und St-Bescheid?).
Als 2. Praxisfrage ergibt sich das Problem, auf welche Weise der Stpfl nachweisen kann, dass eben diese Anwendung des DBA (der RBAA) durch den ausl Staat ursächlich für die Doppelbesteuerung bei Anwendung der Regelungen zum AOA wäre.

In der Lit wird durchgehend gefordert, dass der Nachweis, dass der andere Staat den AOA nicht anwendet, durch die dem Unternehmen selbst vorliegenden Unterlagen, zB die Gewinnermittlung der BetrSt, die ausl St-Erklärungen und die St-Bescheide, mit geringem Aufwand erbracht werden soll. Umfangreiche Vergleichsrechnungen sollten vermieden werden. Dies dürfte grds möglich sein, da die Dokumentationspflichten des § 90 Abs 3 AO und der GAufzV bereits heute auch für BetrSt gelten.

 

Tz. 1215

Stand: EL 83 – ET: 04/2015

Bis zur Veröffentlichung der Anforderungen der Fin-Verw bietet es sich, an folgende Fallgruppen zu bilden:

 
Fallgruppe Sachverhalt Bewertung
1 Die BetrSt oder das Stammhaus sind in einem Nicht-DBA Staat belegen. Gegenbeweis ges ausgeschlossen
2

Das DBA entspr bereits dem Art 7 MA 2010 zB

– USA 2008

– Liechtenstein 2012

– Luxemburg 2013

– Norwegen 2015

– künftige DBA, die der dt Verhandlungsgrundlage entsprechen (s Dietz/Börsch/Quilitsch, ISR 2014, 156; s Rotter/Welz, IWB 2013, 628)
Es besteht die Anscheinsvermutung, dass ein Gegenbeweis nicht möglich ist. Im Einzelfall ist es aber erforderlich zu prüfen, ob die Regelung auch im nationalen Recht des ausl Staates umgesetzt wurde.
3 Entwicklungs- und Schwellenländer Das OECD-MA der VN empfiehlt, den AOA-Ansatz nicht in ein DBA zu überne...

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