Leitsatz

Eine aus einem beratenden Betriebswirt und einem Dipl.-Ökonom bestehende Partnerschaftsgesellschaft, die Insolvenzverwaltung betreibt, erzielt auch dann Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn sie fachlich vorgebildete Mitarbeiter einsetzt, sofern ihre Gesellschafter als Insolvenzverwalter selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleiben.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 und S. 3, Abs. 1 Nr. 3 EStG, § 56 InsO

 

Sachverhalt

Die beiden Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft, ein beratender Betriebswirt und ein Dipl.-Ökonom, waren im Bereich der Insolvenzverwaltung tätig. Neben dem Hauptsitz betrieb die Gesellschaft Niederlassungen in zwei weiteren Städten. Das FA ging davon aus, dass die Einkünfte, die die Gesellschaft bisher als solche aus einer freiberuflichen Tätigkeit erklärt hatte, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen seien.

Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.09.2009, 13 K 170/07, Haufe-Index 2306179).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil und den angefochtenen GewSt-Messbescheid auf. Die Auffassung des FG gründe sich allein auf die Feststellung, dass die Klägerin sich in den Streitjahren einer Vielzahl von qualifizierten Mitarbeitern bedient und ihre Tätigkeit überregional ausgeübt habe. Eine Entlastung des Insolvenzverwalters durch qualifizierte Mitarbeiter überschreite aber nur dann die durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG gezogenen Grenzen, wenn der Insolvenzverwalter die von ihm höchstpersönlich zu treffenden Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Abwicklungsmaßnahmen seinen Mitarbeitern überlasse. Das sei hier nicht der Fall.

 

Hinweis

1. Im Grundsatz kann auf die Praxis-Hinweise zum BFH-Urteil vom 15.12.2010, VIII R 50/09 (BFH/NV 2011, 895, BFH/PR 2011, 174) verwiesen werden. Im Unterschied zu jenem Urteil handelt es sich hier bei den Klägern nicht um Rechtsanwälte, sondern um Insolvenzverwalter mit einer wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung. Auch sie erzielen Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

2. Die bisher vom BFH im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugrunde gelegte Vervielfältigungstheorie, nach der die sonstige selbstständige Arbeit grundsätzlich persönlich – d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte – ausgeübt werden musste, hat der BFH aufgegeben. Die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 und 4 EStG ist für die vermögensverwaltenden Berufe i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG entsprechend anzuwenden, d.h. eine Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter ist unschädlich, wenn der Insolvenzverwalter – trotz des Mitarbeitereinsatzes – seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt.

3. Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters trägt dann den "Stempel seiner Persönlichkeit", wenn der Insolvenzverwalter die Entscheidung über das "Ob" bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens persönlich getroffen hat. Die kaufmännisch-technische Umsetzung seiner Entscheidungen kann er steuerunschädlich auf Dritte übertragen.

4. Einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit des Insolvenzverwalters steht es nicht entgegen, dass er in verschiedenen Städten Niederlassungen unterhält, sofern er zur Einwirkung auf seine Mitarbeiter die modernen elektronischen Kommunikationswege nutzt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.01.2011 – VIII R 3/10

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