Leitsatz

Sind die Belegangaben nach § 17a Abs. 2 UStDV unzutreffend oder bestehen hinsichtlich der Bevollmächtigung des Beauftragten begründete - vom Lieferer nicht ausräumbare - Zweifel an der Richtigkeit, können die Lieferungen nur aus Vertrauensschutzgründen (§ 6a Abs. 4 S. 1 UStG) steuerfrei sein. Dies setzt beim gutgläubigen Lieferant voraus, dass er auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Falschdeklarierung der vom Abnehmer vorgelegten Nachweise nicht erkennen konnte.

 

Sachverhalt

Der klagende Kfz-Händler erwarb in 2009 aufgrund verbindlicher Bestellungen einer Firma FR/Frankreich 44 Gebraucht-Kfz von in Deutschland ansässigen Kfz-Händlern. Bei der Abwicklung der Kfz-Verkäufe an FR trat Herr G als Übersetzer und Vertreter der FR auf. Herr G ist Inhaber der Fa. DE mit Sitz in Deutschland. Die Kfz wurden von Mitarbeitern der Firma DE abgeholt und mit deutschen Kennzeichen zur Firma DE verbracht.

Mitte 2009 teilte G dem Finanzamt mit, dass die o.g. Kfz von der Firma FR über eine Fa. GZ/Spanien an ihn verkauft worden seien. Die Kfz seien von seinen Mitarbeitern direkt von Deutschland zu FR verbracht worden. Dort seien sie nach Instandsetzungsarbeiten an Endkunden in Frankreich weiter veräußert worden. Deshalb beurteilte das Finanzamt die Lieferungen der Klägerin an die Firma FR als umsatzsteuerpflichtige Inlandslieferungen. Die Kfz-Lieferungen könnten auch nicht aus Vertrauensschutzgründen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt werden.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG München hat das Finanzamt die streitigen Lieferungen zurecht nicht als steuerfreie Lieferungen behandelt.

Der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands ist erst dann bewirkt, wenn der Lieferant nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert worden ist und aufgrund dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat. Bei Abholung durch Beauftragte des Abnehmers ist nachzuweisen, dass der für den Abnehmer Handelnde auch dessen Beauftragter ist (BFH, Urteil v. 8.11.2007, V R 26/05). Im Streitfall haben aber weder die Klägerin als Lieferin noch Erwerber FR die o.g. Kfz in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Frankreich) befördert.

Eine Beförderung durch einen Beauftragten liegt nur vor, wenn der Beauftragte in das Unternehmen des Lieferers oder des Abnehmers eingegliedert ist. Im Streitfall waren die Abholer keine unselbstständige Beauftragten des Erwerbers FR, sondern Beauftragte bzw. Mitarbeiter des G, die die Kfz anstatt nach Frankreich zu DE nach Deutschland beförderten. Die Klägerin hat deshalb nicht nachgewiesen, dass FR die Abnehmerin ihrer Lieferungen gewesen ist, die die Kfz aufgrund der mit ihr abgeschlossenen Kaufverträge nach Frankreich befördert hat und deshalb der Erwerbsbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG).

Die Gewährung der Steuerfreiheit aus Vertrauensschutzgründen ist unzulässig (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG). Bei unrichtigen Angaben des Abnehmers muss der Lieferer zuvor alle ihm zumutbaren und von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen ergriffen haben, um sicherzustellen, dass seine Lieferung nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Die Klägerin hat sich zwar durch die Abfrage der USt-Identifikationsnummer der FR über deren Existenz erkundigt. Sie hat jedoch keine Nachforschungen angestellt, welche Rolle G bei der Abwicklung der Kfz-Lieferungen gespielt hat (= Vertreter des FR oder Eigenhändler) und warum die Kfz entgegen den Versicherungen der Abholer nicht nach Frankreich, sondern zu DE nach Deutschland befördert wurden.

 

Hinweis

Seit 1.10.2013 reicht als innergemeinschaftlicher Gelangensnachweis die sog. Gelangensbestätigung des Abnehmers bzw. bei der Abholung zulassungspflichtiger Kfz durch den Abnehmer bzw. durch einen vom Abnehmer beauftragten Frachtführer die Zulassung des PKW im anderen Mitgliedstaat auf den Erwerber. Eine "Verbringensversicherung" des vom Abnehmer beauftragten Frachtführers gilt nur als Nachweis, wenn die Kaufpreiszahlung von einem Konto des Abnehmers erfolgte (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 3 UStDV). Zusätzlich muss der Lieferer die Fahrzeug-Identifikationsnummer des PKW aufzeichnen.

Aber auch bei der neuen Gesetzeslage gilt die o.g. Problematik, ob der Beauftragte im Namen des Abnehmers auftritt.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 28.10.2014, 2 K 1412/11

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