Leitsatz

1. Nutzen Miteigentümer ein Arbeitszimmer gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder die seinem Anteil entsprechenden von ihm getragenen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen. Dasselbe gilt für Mietzahlungen für eine durch Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam gemietete Wohnung. Auf den jeweiligen Nutzungsumfang kommt es nicht an.

2. Der Höchstbetrag des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist personenbezogen zu verstehen. Er kann daher von jedem Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in seiner Person vorliegen.

3. Macht der Steuerpflichtige Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend, hat das FG grundsätzlich Art und Umfang der Nutzung des Zimmers aufzuklären. Denn nur auf diese Weise kann es beurteilen, ob dort überhaupt eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen entfaltet wird und wenn ja ob der Umfang der im Zimmer verrichteten Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen es glaubhaft erscheinen lässt, dass der Steuerpflichtige hierfür ein häusliches Arbeitszimmer vorhält.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Mitarbeiter eines Landkreises. Neben seinen primären Aufgaben leistete er im Streitjahr (2007) an fünf Wochen Bereitschaftsdienste und nahm dabei Aufgaben nach dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke wahr.

Der Bereitschaftsdienst war außerhalb der Diensträume zu versehen. Der Dienstherr stellte die Erreichbarkeit über ein dem Diensttuenden ausgehändigtes Mobiltelefon sicher. Der Kläger und seine Lebensgefährtin nutzten das einzige in der Wohnung befindliche Arbeitszimmer gemeinsam. Der Nutzungsanteil des Klägers betrug 25 %.

In seiner Einkommensteuererklärung machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR geltend.

Das FA lehnte den Abzug auch im Einspruchsverfahren ab. Das FG gab der Klage in Höhe von 31 EUR statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.3.2013, 3 K 406/12, Haufe-Index 6528197). Es hat in einem ersten Schritt die Kosten für das gemeinsame Arbeitszimmer zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen der Lebensgefährten von 75 % zu 25 % aufgeteilt. In einem zweiten Schritt hat es die anteiligen Kosten des Klägers entsprechend seiner Nutzungszeit auf 10 % (Bereitschaftsdienst: 5 Wochen; Kalenderjahr: 52 Wochen ≈ 10 %) gekürzt.

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das angefochtene Urteil aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Im zweiten Rechtsgang sei aufzuklären, welche Arbeiten der Kläger im Zusammenhang mit seinen Bereitschaftsdiensten in dem als häusliches Arbeitszimmer deklarierten Raum verrichtet habe.

Darüber hinaus habe sich das FG zu vergewissern, ob der Umfang der im Zimmer ausgeübten beruflichen Tätigkeiten es glaubhaft erscheinen lasse, dass der Kläger hierfür im gesamten Streitjahr ein Arbeitszimmer vorgehalten habe. In diesem Fall könne er die von ihm getragenen Aufwendungen insgesamt und nicht nur, soweit sie auf die Zeiten der tatsächlichen Nutzung entfallen, als Werbungskosten abziehen.

 

Hinweis

1. Das vom Kläger und seiner Lebensgefährtin genutzte Zimmer ist nach den Feststellungen des FG ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG. Da der Bereitschaftsdienst außerhalb der Diensträume zu versehen war, stand dem Kläger für die entsprechenden Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (vgl. BFH, Urteil vom 9.12.2003, VI R 150/01, BFH/NV 2004, 412; BFH, Urteil vom 7.8.2003, VI R 41/98, BFH/NV 2003, 1674).

2. Nutzt der Steuerpflichtige das Arbeitszimmer (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen, so sind seine gesamten auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen dem Grunde nach Werbungskosten.

3. In dem häuslichen Arbeitszimmers muss (je)dem Steuerpflichtigen ein Arbeitsplatz in einer Weise zur Verfügung stehen, dass er ihn für seine betriebliche/berufliche Tätigkeit in dem konkreten Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (BFH, Urteil vom 15.12.2016, VI R 53/12, BFH/NV 2017, 527, Haufe-Index 10310343 m.w.N.; Kommentierung s. BFH/PR 2017, 138).

4. Die Aufwendungen sind zeitanteilig zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige erst während des Jahres eine Tätigkeit aufnimmt und dann ein häusliches Arbeitszimmer einrichtet oder während des Jahres – etwa wegen Eintritts in den Ruhestand – die Tätigkeit endgültig einstellt.

Keine Kürzung ist hingegen vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige das Zimmer vorübergehend nicht nutzt, etwa während des Urlaubs, Krankheit, Wochenenden oder mangels Aufträgen. Maßgeblich ist allein, dass er ein häusliches Arbeitszimmer ganzjährig vorhält. Dabei dürfen Zeiten der Nichtnutzung nicht der außerberuflichen Nutzung zugerechnet werden.

5. Nutzen Miteigentümer ein Arbeitszimmer gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder die seinem Anteil entsprechenden und von ihm get...

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