Leitsatz

1. Das HmbSpVStG war jedenfalls für Besteuerungszeiträume bis Juli 2012 sowohl mit dem GG als auch mit Unionsrecht vereinbar.

2. Lassen die Spielgeräte eine zutreffende Ermittlung des Spieleinsatzes nicht zu, weil einzelne Vorgänge, die zu einer Minderung des Spieleinsatzes führen würden, nicht erfasst werden, können die aufgezeichneten Spieleinsätze im Rahmen einer Schätzung ohne Abschläge als Bemessungsgrundlage der Spielvergnügungsteuer anzusetzen sein.

 

Normenkette

§ 1, § 4, § 12 HmbSpVStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, Art. 56 AEUV, Art. 401 EGRL 112/2006, Art. 1 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b EGRL 118/2008, Art. 1 Nr. 11 dritter Gedankenstrich, Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 EGRL 98/34, § 12, § 13 SpielV

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt seit Oktober 2007 in Hamburg Spielhallen. Sie meldete für den Zeitraum Oktober 2007 bis Juli 2012 monatlich Spielvergnügungsteuer an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Steuerfestsetzung des FAs erhob die Klägerin Klage. Das FG (Hamburg, Urteil vom 27.8.2014, 2 K 257/13, Haufe-Index 7335078, EFG 2014, 2098) wies die Klage ab; die angegriffene Steuerfestsetzung sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen müsse die Klägerin es hinnehmen, dass möglicherweise auch Beträge als Spieleinsatz erfasst worden seien, welche die Spieler nach der Umbuchung in einen Punktespeicher in den Geldspeicher zurückgebucht hätten, ohne sie zum Spielen eingesetzt zu haben. Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar.

Mit der Revision trägt die Klägerin u.a. vor, es fehle an der Gesetzgebungskompetenz für die Spielvergnügungsteuer. Zudem verstoße die gesetzliche Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Der Begriff des Spieleinsatzes sei nicht hinreichend bestimmt. Die Klägerin hat beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Spielvergnügungsteuer für die Monate Oktober 2007 bis März 2010 sowie Mai 2010 bis Juli 2012 auf 0 herabzusetzen.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Senats ist die für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bestimmte Ermittlung des Spieleinsatzes als Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden. Insbesondere rechtfertigt die bloße Möglichkeit, dass in den der Bemessung der Steuer zugrunde liegenden Aufzeichnungen Beträge zu Unrecht als Einsatz erfasst worden sind, weil beispielsweise Rückbuchungsvorgänge nicht berücksichtigt wurden, keinen Abschlag von den aufgezeichneten Spieleinsätzen. Vielmehr handelt es sich um eine im zulässigen Schätzungsrahmen liegende Pauschalierung, wenn die genannten Beträge in die Bemessungsgrundlage der Steuer einbezogen werden.

Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzge­bers folgt aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG.

In materiell rechtlicher Hinsicht ist der Steuersatz von 5 % des Spieleinsatzes verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) liegt nicht vor, da eine erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer weder von dem FG festgestellt worden ist noch die Klägerin dies vorbringt. Im Übrigen stellt die Bekämpfung der Spielsucht ein legitimes Ziel für eine die Berufsfreiheit einschränkende Regelung dar. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht gegeben. Es liegt insoweit keine gegenüber Entscheidungen des Bundesgesetzgebers gegenläufige Regelung vor.

Ein Verstoß gegen Unionsrecht ist nicht ersichtlich. Das Hamburger Vergnügungsteuergesetz verstößt nicht gegen Art. 401 MwStSystRL, da die Abgabe nicht die Voraussetzungen einer Mehrwertsteuer erfüllt. So zielt die Steuer nicht darauf ab, die Gesamtheit der wirtschaftlichen Vorgänge zu erfassen, und sie wird nur auf einer Stufe erhoben. Auch ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ist nicht gegeben. Dazu müsste die Steuer so hoch sein, dass sie in ihrer Wirkung einem Verbot des Betreibens eines Spielgeräts gleichkäme. An einer solchen erdrosselnden Wirkung fehlt es im Streitfall.

Eine europarechtliche Notifizierungspflicht nach Art. 8 RiLi 98/34/EG (Informationsverfahren Normen / technische Vorschriften) bestand nicht, da die gesetzlichen Regelungen über die Spielgerätesteuer keine technischen Vorschriften sind.

 

Hinweis

Dem Hamburgischen Spielvergnügungsteuergesetz (HmbSpVStG) unterliegt der Aufwand für die Nutzung eines Spielgeräts mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit, soweit der Aufstellungsort der Geräte der Öffentlichkeit zugänglich ist (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 HmbSpVStG). Die Steuer beträgt für die Nutzung von Spielgeräten 5 % des Spieleinsatzes (§ 4 Abs. 1 HmbSpVStG). Spieleinsatz ist die Verwendung von Einkommen oder Vermögen durch den Spieler zur Erlangung des Spielvergnügens (§ 1 Abs. 3 HmbSpVStG). Damit ist Spieleinsatz alles, was der Spielgast aus eigenen Mitteln für das Spielvergnügen aufwendet. Ein Spieleinsatz kann insbesondere auch aus zuvor Gewonnenem geleistet w...

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