Zusammenfassung

 
Überblick

Mit der Hinzuziehung (§ 360 AO) kann die Finanzbehörde im Rahmen eines Einspruchsverfahrens Dritte, die nicht selbst Einspruch eingelegt haben, am Einspruchsverfahren beteiligen. Die Hinzuziehung verfolgt dabei 2 Ziele:

  • Verfahrensvereinfachung: Wo die gleiche Rechtsfrage in einem späteren Verfahren gegenüber Dritten nochmals entschieden werden müsste, erspart man sich ein weiteres Einspruchsverfahren. Denn durch die Hinzuziehung hat der dann beteiligte Dritte die Möglichkeit, sich zum Verfahren zu äußern und zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Er kann also auf die Sachentscheidung einwirken. Ihm stehen dieselben Rechte wie dem Einspruchsführer zur Verfügung (§ 360 Abs. 4 AO).
  • Vermeidung unterschiedlicher Entscheidungen: Die Hinzuziehung bewirkt auch die Einheitlichkeit von Entscheidungen in gleichgelagerten Rechtsfällen. Da nämlich die Einspruchsentscheidung gegenüber dem Einspruchsführer und dem Hinzugezogenen nur einheitlich ergehen kann, sind abweichende Entscheidungen ausgeschlossen.

Die Hinzuziehung ermöglicht dem Hinzugezogenen, im Anschluss an den Erlass der Einspruchsentscheidung Klage zu erheben (BFH, Urteil v. 24.7.2011, XI B 19/11, BFH/NV 2012 S. 2011), wobei die rechtlichen Interessen nur in den Grenzen des durch den Beigeladenen als Einspruchsführer gesteckten Einspruchsgegenstands Berücksichtigung finden können (BFH, Urteil v. 29.5.2001, VIII R 10/00, BStBl 2001 II S. 747).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Hinzuziehung ist in § 360 AO geregelt.

1 Rechtsnatur und Arten der Hinzuziehung

Die Hinzuziehung beinhaltet einen Verwaltungsakt, der zur Wirksamkeit sowohl dem Einspruchsführer wie auch demjenigen, der hinzugezogen werden soll, bekannt gegeben werden muss. Vor der Hinzuziehung ist der Einspruchsführer zu hören.[1] Der Grund: Der Einspruchsführer kann entscheiden, ob er mittels Einspruchrücknahme die Hinzuziehung Dritter vermeiden will.

 
Praxis-Beispiel

Ohne Einspruch ist Hinzuziehung zwingend

An der Hausgemeinschaft X sind A, B und C beteiligt. Sie vermieten ein Objekt in A. Gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid, welcher die Einkünfte der Gemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung 2017 beinhaltet, legt (nur) A Einspruch ein.

Will A verhindern, dass B und C an seinem Einspruchsverfahren mittels Hinzuziehung beteiligt werden, muss er seinen Einspruch zurücknehmen. Ansonsten ist die Hinzuziehung zwingend.[2]

§ 360 AO unterscheidet 3 Fallgruppen von Hinzuziehungen:

  • die einfache Hinzuziehung[3],
  • die notwendige Hinzuziehung[4] und
  • die Hinzuziehung in Massenverfahren.[5]

2 Allgemeine Voraussetzungen der Hinzuziehung

Die Hinzuziehung kommt erst in Betracht, wenn das Einspruchsverfahren anhängig ist. Die Möglichkeit der Hinzuziehung endet mit dem Abschluss des Verfahrens, also bei Eintritt der formellen Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts. Der Hinzugezogene muss beteiligtenfähig sein.[1] In bestimmten Fällen ist die Hinzuziehung ausgeschlossen.[2]

3 Die einfache Hinzuziehung

In Betracht kommt diese Form der Hinzuziehung[1] entweder von Amts wegen oder auf Antrag. Für die Hinzuziehung genügt es, dass die Möglichkeit der rechtlichen Interessenberührung besteht. Als rechtliche Interessen werden z. B. anerkannt, dass das Unterliegen eines Hauptbeteiligten die Rechtslage des Dritten verbessert oder verschlechtert, eine ihm günstige Rechtslage aufrecht erhält oder bei Ungewissheit die Rechtslage bestätigt. Es genügt z. B., dass im Einspruchsverfahren eines von mehreren Miteigentümern eine Entscheidung zu treffen ist, die bei den anderen Miteigentümern ebenfalls zu fällen ist, ohne dass zwangsläufig die Entscheidung i. S. v. § 360 Abs. 3 AO einheitlich ergehen müsste.[2]

Die Entscheidung über die einfache Hinzuziehung ist eine Ermessensentscheidung. Im Regelfall wird ein Ermessensfehler nicht anzunehmen sein, wenn die Hinzuziehung desjenigen abgelehnt wird, der ein den Belangen des Einspruchsführers entgegen gesetztes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, sofern der Einspruchsführer der Hinzuziehung widerspricht.[3]

4 Die notwendige Hinzuziehung

Die Hinzuziehung eines anderen muss dann notwendiger Weise[1] erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derartig beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich erfolgen kann. Es sind damit primär die Fälle angesprochen, in denen die Entscheidung zwangsläufig und unmittelbar Rechte dritter Personen gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Löschen bringt. Immer dann, wenn eine Verwaltungsentscheidung einerseits einen Beteiligten begünstigt oder benachteiligt, andererseits – spiegelbildlich – den Dritten benachteiligt oder begünstigt, ist die Hinzuziehung notwendig. Nur dann, wenn die zwar einheitlich Betroffenen nach § 352 AO nicht befugt sind, Einspruch einzulegen, bedarf es keiner Hinzuziehu...

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