Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarer Leistungsaustausch bei der Geltendmachung von Schadensersatz durch Dritte wegen illegaler Upload im Internettauschbörsen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Hat ein Urheberrechtsinhaber einem Unternehmen das Recht auf öffentliche Zugänglichmachen von Bild-und Tonwerken im Sinne des § 19a UrhG in Online-Tauschbörsen zur freien Ausübung übertragen und macht dieser Unternehmer gegenüber einem Urheberrechtsverletzer dadurch das ihm selbst zustehende Schutzrecht im eigenen Namen geltend, sind die Schadenersatzzahlungen, die ein Unternehmer vom Schädiger wegen Urheberrechtsverletzungen in Online-Tauschbörsen vereinnahmt, Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Unternehmers an den Rechteinhaber. Die Schadensersatzleistung erfolgt umsatzsteuerlich in Erfüllung der zwischen dem Unternehmer und dem Rechteinhaber geschlossenen Vereinbarung.
  2. Die erbrachten Leistungen erfolgen in Form der Wahrnehmung von Urheberrechten i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG und unterliegen demzufolge dem ermäßigten 7 % -igen Steuersatz.
  3. Die Steuerermäßigungsvorschrift des §§ 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG beschränkt sich nicht auf die erlaubnispflichtige kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten durch die sog. Verwertungsgesellschaften (z.B. die GEMA) nach dem UrhWahrnG, sondern begünstigt die Wahrnehmung des urheberrechtlichen Schutzrechts auf jede Art und Weise, z.B. für eigene Rechnung durch Verleger, für fremde Rechnung einzelner Urheber durch einen Generalbevollmächtigten, als kurzfristige oder gelegentliche Wahrnehmung i.S.d. § 1 Abs. 2 UrhWahrnG und selbst bei Fehlen der nach § 1 Abs. 3 UrhWahrnG erforderlichen Erlaubnis.
  4. Unter dem Begriff der Wahrnehmung von Urheberrechten wird auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach §§ 97, 97a UrhrG und von Bereicherungsansprüchen nach §§ 812 ff. BGB verstanden.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 7c; UrhG §§ 19a, 97, 97a

 

Streitjahr(e)

2009, 2010, 2011

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerliche Behandlung von Zahlungen aufgrund von Verstößen gegen urheberrechtliche Bestimmungen. Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts A vom xxxxxx zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der durch Gesellschaftsvertrag vom xxxxxx gegründeten und im Handelsregister des Amtsgerichts A unter HRB xxxxx eingetragenen B GmbH (vormals firmierend unter ,D-GmbH') bestellt worden. Eingetragener Unternehmensgegenstand der D-GmbH war die Lizenzierung und Verwertung von Tonaufnahmen, Bildtonaufnahmen, Computerspielen, Videospielen, Fernsehfilmen, Spielfilmen und anderen audio- und audiovisuellen Produkten im Bereich einer nicht-physischen Verwertung sowie insbesondere der Schutz der vorgenannten Produkte gegen rechtswidrige Verwertungen. Gesellschafter der D-GmbH waren in den Streitjahren zu 66,67 % des Stammkapitals Herr C, sowie zu 33,33 % des Stammkapitals die im Handelsregister des Amtsgerichts A unter HRB xxxxx eingetragene E GmbH.

Tatsächlich befasste sich die D-GmbH in den Streitjahren mit der systematischen Abmahnung und Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich der von ihr ermittelten Urheberrechtsverletzungen im Internet (hier: Verstöße gegen das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG in privaten Online-Tauschbörsen für Musik- und Filmaufnahmen). In ihrem unter der Internetadresse xxxxx eingestellten und am xxxxxx abrufbaren Firmenprofil (Ausdrucke Bl. 48 ff. des Fallheftes Ordner 1) erläuterte die D-GmbH wörtlich: „Wir vertreten diejenigen, die mit ansehen müssen, dass ihr geistiges Eigentum im Internet rechtswidrig zum Download angeboten wird. Wir beobachten das Internet und stellen fest, wann über welchen Internetanschluss ein geschütztes Album illegal verbreitet wird und dagegen gehen wir vor, in dem wir die Rechtsverletzer abmahnen”. Auf das von der D-GmbH beispielhaft vorgelegte Schreiben der Sozietät F zur Abmahnung und Geltendmachung von Schadensersatz i. H. v. xxx,- Euro wegen des Sachverhaltes der illegalen Verwertung in Gestalt des Uploads eines bestimmten Musiktitels zu einem bestimmten Zeitpunkt durch einen Schädiger über eine Internettauschbörse wird Bezug genommen (Bl. 108 ff. und Bl. 139 ff. des Fallheftes Ordner 1). Dem lag eine Mandats-, Vergütungs- und Haftungsvereinbarung zwischen der D-GmbH und der Sozietät F vom xxxxxx sowie eine Vergütungsvereinbarung vom xxxxxx zu Grunde (Bl. 573 ff. des Fallheftes Ordner 2). In dem an den Schädiger gerichteten Schreiben vom xxxxxx wird die D-GmbH als Mandant und Rechteinhaber bezeichnet.

Für die Streitjahre hatte die D-GmbH mit den Inhabern von Urheberrechten verschiedener Ton- und Bildwerke jeweils sog. Rahmeneckwertevereinbarungen und ähnlich bezeichnete Verträge geschlossen, nach denen der Rechteinhaber (als „Lizenzgeber”) der D-GmbH (als „Lizenznehmer”) für die Dauer des (auf unbestimmte Zeit geschlossenen, aber mit einem ordentlichen Kündigungsrecht ausgestatteten) Vertrages das ausschließliche Re...

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