Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftssteuerbefreiung für Familienheime

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Gewährung der Steuerbefreiung wegen Erwerbs eines Familienheims greift ein, wenn die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist und die erworbene Wohnung den Mittelpunkt des familiären Lebens darstellt.
  2. Die gelegentliche Nutzung zweier Räume stellt ebenso wie die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an Angehörige keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. der Norm dar.
 

Normenkette

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.10.2016; Aktenzeichen II R 32/15)

 

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Steuerbefreiung für Familienheime gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der zum Besteuerungszeitpunkt geltenden Fassung (ErbStG).

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 4. Januar 2010 verstorbenen Vaters - Herrn A (Erblasser), nachdem ihre Mutter - Frau B - als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen hat.

In ihrer Erbschaftsteuererklärung vom 30. Juli 2010 machte die Klägerin für den im Nachlassvermögen befindlichen Miteigentumsanteil von ½ an dem Wohnungseigentum C eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG geltend. Sie war der Ansicht, es handele sich auch nach dem Tod des Erblassers weiterhin um ein Familienwohnheim, da das vor dem Erbfall von beiden Eltern genutzte Objekt nunmehr von der Mutter allein genutzt werde. Die unentgeltliche Überlassung des zum Nachlass gehörenden Miteigentumsanteils an dem Wohnungseigentum durch sie (die Klägerin) an ihre Mutter stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzecken dar. Insoweit sei § 4 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) entsprechend anzuwenden.

Mit Bescheid vom 23. August 2010 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Erbschaftsteuer in Höhe von 54.060,-- € fest. Die beantragte Steuerbefreiung wurde hierbei nicht berücksichtigt, da das FA die Auffassung vertrat, die unentgeltliche Überlassung des Wohnungseigentumsanteils an die Mutter stelle keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c ErbStG dar.

Hiergegen legte die Klägerin am 1. September 2010 Einspruch ein und begründete diesen wie folgt: Die unentgeltliche Überlassung an ihre Mutter stelle eine Selbstnutzung im Sinne der Steuerbefreiungsvorschrift dar. Zur Regelung des § 10e des Einkommensteuergesetzes alte Fassung (EStG a.F.) habe der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26. Januar 1994 (X R 94/91) entschieden, dass der Schluss, der Gesetzgeber habe dem Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” eine grundsätzlich andere Bedeutung zugemessen als dem im Rahmen der Nutzungswertbesteuerung gebräuchlichen Begriff der „Selbstnutzung”, der auch die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung ohne gesicherte Rechtsposition umfasse, nicht gerechtfertigt sei. Auch rechtfertige der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG keine zu enge Auslegung des Begriffs des Familienheims. So dürfe das bisher bestehende Familienheim seine Einordnung nicht allein deswegen verlieren, weil die Klägerin ihrer Mutter, die ihrerseits, wenn sie nicht die Erbschaft ausgeschlagen hätte, die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG in Anspruch hätte nehmen können, die Wohnung zur Nutzung unentgeltlich überlasse. Darüber hinaus nutze die Klägerin selbst einen Teil des Objektes. Sie komme täglich in die Wohnung und übernachte gelegentlich dort in einem Zimmer, um ihre Mutter, die das achtzigste Lebensjahr weit überschritten habe, adäquat zu betreuen und zu versorgen. Ein weiteres Zimmer der Wohnung nutze sie, um dort die Unterlagen des Nachlasses zu lagern und um von dort den Nachlass zu verwalten.

Mit seiner Entscheidung vom 18. November 2010 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. In den Gründen seiner Entscheidung führte es aus, die Steuerbefreiung sei nicht zu gewähren, da die Voraussetzung der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken auf die Person des Erwerbers bezogen sei und nicht auf Familienangehörige. Dies gelte selbst dann, wenn - wie im Streitfall - die Klägerin und ihre Mutter - jede für sich - eine Voraussetzung des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b und c ErbStG erfüllten. Auch die Tatsache, dass die Klägerin zur Betreuung ihrer Mutter die Wohnung mitbenutze, reiche für das Vorliegen einer Selbstnutzung durch die Klägerin nicht aus.

Mit ihrer Klage vom 3. Dezember 2010 verfolgt die Klägerin ihr Rechtschutzbegehren weiter. Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, soweit das FA argumentiere, es läge lediglich eine „Mitbenutzung” der Wohnung durch die Klägerin vor, übersehe es, dass die Klägerin als Erbin nur einen Miteigentumsanteil erworben habe, der sie lediglich zu einer gemeinschaftlichen Nutzung zu höchstens 50% berechtige.

Nach Ergehen der Bescheide über die Feststellung des Grundbesitzwertes erließ das FA am 20. April 2011 ...

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