Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.03.2000; Aktenzeichen VI R 196/98)

 

Tenor

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18.3.1998 wird der Bescheid vom 12.1.1998 dahingehend geändert, daß die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind S. erst ab August 1997 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die in 1977 geborene Tochter der Klägerin beendete ihre Berufsausbildung zur Speditionskauffrau am 30.06.1997. Danach meldete sie sich arbeitslos. Seit dem 15.08.1997 ist sie nichtselbständig tätig.

Im ersten Halbjahr 1997 erhielt die Tochter der Klägerin eine Ausbildungsvergütung von 6.558,50 DM. Danach bezog sie Arbeitslosengeld von insgesamt 1.115,40 DM, wovon ein per Scheck gezahlter Teilbetrag von 343,20 DM im Oktober 1997 eingelöst wurde. Das ihr für den halben Monat August zustehende Gehalt von 1.968,97 DM wurde ihrem Bankkonto mit einer Abschlagszahlung von 1.000,00 DM am 19.09.1997 gutgeschrieben, im übrigen wurde der auf den Monat August entfallende Restbetrag von netto 305,84 DM zusammen mit ihrem Septembergehalt am 11.09.1997 überwiesen.

Nachdem der beklagten Familienkasse dieser Sachverhalt bekannt wurde, hob sie die Kindergeldfestsetzung für Januar-August 1997 in Höhe von 1.760 DM auf und forderte das in dieser Höhe gezahlte Kindergeld zurück. Die Familienkasse vertrat die Auffassung, die Einkünfte des Berücksichtigungszeitraums überschritten die maßgebliche Einkunftsgrenze von 8.000 DM. In die Einkunftsermittlung hat die Familienkasse sowohl das für August zustehende Arbeitslosengeld als auch das auf diesen Monat entfallende Gehalt einbezogen. Einkunftsmindernd sind ein anteiliger Arbeitnehmer-Pauschbetrag für 6,5 Monate von 1.083,29 DM und eine anteilige Kostenpauschale (vgl. DA 63.4.2.3) für 1,5 Monate von 45 DM berücksichtigt.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin vor, die Aufhebung des Kindergeldes rückwirkend für das gesamte Jahr werde der besonderen Situation, daß ihre Tochter Mitte eines Monats eine Arbeitsstelle angetreten habe, nicht gerecht. Nur wegen des ihr für die zweite Hälfte des Augusts zustehenden Gehalts werde der Grenzbetrag überschritten. Es könne nicht angehen, Einkünfte aus einer Beschäftigung, die den Kindergeldanspruch schon dem Grunde nach (und nicht wegen der Höhe der Einkünfte) beende, dergestalt zu berücksichtigen, daß diese Einkünfte rückwirkend Einfluß auf einen Zeitraum nähmen, in dem dem Grunde nach ein Anspruch auf Kindergeld noch bestand, eben weil das Kind sich noch in einem Ausbildungsverhältnis oder in Arbeitslosigkeit und noch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis befand. Zumindest sei hilfsweise die Betrachtung auf die Monate Januar – Juni 1997 zu beschränken, weil mit dem Monat Juni die Berufsausbildung beendet worden sei. Danach habe ein kindergeldrechtlich isoliert zu betrachtender Sachverhalt vorgelegen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 12.1.98 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.3.98 dahingehend abzuändern, daß die Kindergeldfestsetzung erst ab August 1997 aufgehoben wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung ist die Familienkasse der Auffassung, die Berücksichtigung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes sei zutreffend erfolgt. Die Kindergeldfestsetzung sei daher zu Recht aufgehoben worden.

Dem Gericht lag die den Streitfall betreffende Kindergeldakte vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht Kindergeld für die Monate Januar – Juli 1997 zu.

1. Gem. §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 EStG 1997 wird ein 20-jähriges Kind u.a. berücksichtigt, wenn es arbeitslos ist und der Arbeitsvermittlung im Inland zur Verfügung steht oder für einen Beruf ausgebildet wird. Demnach gehörte die Tochter der Klägerin bis zum Beschäftigungsbeginn am 19.08.97 zum Kreis der grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Kinder, weil sie sich vom 01.01.97–30.06.97 in Berufsausbildung befand und danach arbeitslos gemeldet war.

2. Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12.000 Deutsche Mark im Kalenderjahr hat. Dabei ermäßigt sich nach Satz 6 dieser Vorschrift für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen, der Betrag nach Satz 2 um ein Zwölftel. Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz (Satz 7).

a) Ein Kindergeldanspruch besteht nicht schon deshalb für die Monate Januar – August 1997, weil das hälftige Monatsgehal...

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