Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücktrag eines Erstattungsüberhangs betreffend Kirchensteuer im Rahmen der Sonderausgaben

 

Leitsatz (redaktionell)

Die infolge eines Erlasses nach § 227 AO vorgenommene Erstattung von einbehaltener Kirchensteuer ist, sofern sie nicht mit in dem Jahr der Auszahlung gezahlter Kirchensteuer verrechnet werden kann, als so genannter Erstattungsüberhang im Vorjahr bei den Aufwendungen (gezahlte Kirchensteuer) mindernd zu berücksichtigen. Insoweit liegt ein rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vor, das zu einer Änderung der nach § 10 Abs. 1 S. 1 EStG als gezahlte Kirchensteuer geltend gemachten Aufwendungen führt.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 218 Abs. 2; EStG § 34 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.02.2013; Aktenzeichen X B 110/11)

BFH (Beschluss vom 21.02.2013; Aktenzeichen X B 110/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO).

Die Kläger sind Eheleute, wurden in den Jahren 2006 und 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und erzielten in diesen Jahren jeweils Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kläger gehört der römisch-katholischen Kirche an und beendete zum 30.09.2006 seine Tätigkeit bei seinem bisherigen Arbeitgeber, wofür er eine Abfindung in Höhe von 520.550,-- EUR erhielt.

Der Beklagte unterwarf im Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 25.05.2007 die Abfindung als außerordentliche Einkünfte nach der sog. Fünftelregelung gem. § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) der Besteuerung. Da das verbleibende zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG 180.841,-- EUR betrug, unterlag dieses einem Grenzsteuersatz von 42 % und damit dem Spitzensteuersatz. Das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte betrug 292.252,-- EUR und unterlag ebenfalls dem Grenzsteuersatz von 42 %. Durch die Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG ergab sich somit im Ergebnis keine Tarifermäßigung.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 25.05.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 278.754,-- EUR und die römisch-katholische Kirchensteuer betreffend den Kläger auf 25.113,87 EUR fest. Wegen der im Lohnsteuerverfahren einbehaltenen römisch-katholischen Kirchensteuer des Ehemannes in Höhe von 25.693,49 EUR ergab sich insofern ein Restguthaben in Höhe von 579,62 EUR.

Mit Schreiben vom 05.07.2007 teilte das bischöfliche Ordinariat A (Dezernat Finanzen, Verwaltung und Bau) dem Beklagten mit, dass den Klägern auf deren Antrag vom 03.06.2007 die römisch-katholische Kirchensteuer gemäß § 2 Abs. 6 der Kirchensteuerordnung für die Diözese A (hessischer Anteil) vom 10.12.1968 ermäßigt worden sei. Dabei wurde auch die konkrete Berechnung der Kirchensteuerermäßigung aus der Abfindung dargestellt und mitgeteilt, dass sich als Ergebnis dieser Berechnung ein Erlassbetrag in Höhe von 9.838,35 EUR ergebe. Gleichzeitig wurde der Beklagte unter dem Hinweis, dass der vom bischöflichen Ordinariat erlassene Betrag von diesem nicht ausgezahlt worden sei, gebeten, den Erlass vorbehaltlich der Rechtskraft des Steuerbescheides durchzuführen. Eine Zweitschrift dieses Schreibens wurde nach Aktenlage den Klägern übersandt.

Mit Schreiben vom 09.07.2007 erließ der Beklagte gegenüber den Klägern die römisch-katholische Kirchensteuer zur Einkommensteuer 2006 in Höhe von 9.838,35 EUR und teilte mit, dass das Guthaben nach Buchung des Erlasses durch die Finanzkasse erstattet werde. Als Fälligkeit/Tag des Wirksamwerdens des Erlasses gab der Beklagte den 05.07.2007 an. Der nach der verwaltungsinternen Dienstanweisung vorgesehene Hinweis auf die Mitteilung der Kirchenbehörde unterblieb im Schreiben vom 09.07.2007. Am 12.07.2007 wurde der Betrag von 9.838,35 EUR durch die Finanzkasse erstattet.

Am 27.06.2008 erließ der Beklagte erstmalig den Einkommensteuerbescheid für 2007 und berücksichtigte dabei bei den Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG die gezahlte römisch-katholische Kirchensteuer wie folgt:

Kirchensteuer 2007

Betrag/EUR

Lohnkirchensteuer

 3.116,52 EUR

Erstattung 2006; Bescheid vom 25.05.2007

./. 579,62 EUR

Erlass vom 12.07.2007

./. 9.838,35 EUR

Erstattungsüberhang

./. 7.301,45 EUR

Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG

 0,00 EUR

Der Bescheid führte zu folgender Nachzahlung:

2007

Einkommen-steuer/EUR

Rk Kirchensteuer/EUR

Solidaritätszu-schlag/EUR

Insgesamt/EUR

Festsetzung

 40.652,00 EUR

3.545,37 EUR

 2.235,86 EUR

 46.433,23 EUR

Steuerabzug vom Lohn

./. 38.791,00 EUR

./. 3.116,52EUR

./. 2.126,54 EUR

./. 44.034,06 EUR

Nach-zahlung

1.861,00 EUR

 428,85 EUR

 109,32 EUR

 2.399,17 EUR

Ferner änderte der Beklagte am 08.08.2008 den Einkommensteuerbescheid für 2006 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und berücksichtigte bei den Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG die gezahlte römisch-katholische Kirchensteuer wie folgt:

Kirchensteuer 2006

Betrag/EUR

Lohnkirchensteuer

 25.693,49...

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