Leitsatz

Das Finanzamt handelt regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn es bei mehreren Geschäftsführern einen der Geschäftsführer haftungsmäßig nicht in Anspruch nimmt, weil er im Haftungszeitraum erkrankt war.

 

Sachverhalt

Im entschiedenen Urteilsfall stand das Finanzamt bei Steuerrückständen einer GmbH vor der Frage der Haftungsinanspruchnahme der beiden vorhandenen Geschäftsführer. Da einer der Geschäftsführer über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr durch Krankheit gehindert war, seine Geschäftsführertätigkeit wahrzunehmen, sah es von einer Haftungsinanspruchnehme dieses Geschäftsführers ab.

 

Entscheidung

Die Inanspruchnahme eines GmbH - Geschäftsführers für Steuerschulden der Gesellschaft (§§ 34, 69 AO) erfordert u.a. insoweit eine Ermessensentscheidung, als das Finanzamt zum Ausdruck bringen muss, warum es den Haftungsschuldner anstelle anderer, ebenfalls für die Haftung in betracht kommender Personen in Anspruch nimmt. Nimmt das Finanzamt nur einen Geschäftsführer in Anspruch, obwohl ein zweiter Geschäftsführer vorhanden ist, der jedoch im Haftungszeitraum erkrankt war, handelt es regelmäßig ermessensfehlerhaft. Denn die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich alleine aus seiner Bestellung zum Geschäftsführer, ohne Rücksicht darauf, ob sie auch tatsächlich ausgeübt werden kann. Wer langfristig den Anforderungen, die an einen gewissenhaften Geschäftsführer zu stellen sind, nicht oder nicht mehr entsprechen kann, muss das Geschäftsführeramt niederlegen. Tut er dies nicht, muss er die festgestellten Pflichtverletzungen gegen sich gelten lassen.

 

Hinweis

Will der länger erkrankte Geschäftsführer, der dadurch zur Wahrnehmung seiner Pflichten nicht mehr in der Lage ist, der Haftungsinanspruchnahme entgehen, sollte er ernsthaft die Niederlegung des Geschäftsführeramtes ins Auge fassen oder eine zuverlässige Hilfsperson mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragen, die allerdings laufend überwacht werden muss.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 04.09.2003, 3 K 7676/00

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