Leitsatz

Alle Vorstandmitglieder einer AG trifft grundsätzlich die Verpflichtung, Lohnsteuer fristgerecht abzuführen.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Vorstand einer AG, gegen den ein Haftungsbescheid wegen nicht ordnungsgemäßer Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer erlassen wurde. Hiergegen setzte er sich zur Wehr. Er führte an, dass er keine Unterlagen der AG vorliegen habe. Er sei Vertriebsvorstand der AG gewesen. Er habe keine Veranlassung gehabt, an der ordnungsgemäßen Abführung der Steuern durch die anderen Vorstände zu zweifeln. Erst ab 2007 sei es zu Streit gekommen, Unterlagen seien ihm dann nicht mehr zur Verfügung gestellt worden. Er habe keine Kontrolle mehr ausüben können. Das Finanzamt führte an, dass die interne Aufgabenverteilung für die Haftung nur dann von Interesse sei, wenn diese schriftlich im Vorwege niedergelegt worden sei. Doch selbst dann hätte der Kläger in einer wirtschaftlich schwierigen Situation eine uneingeschränkte Gesamtverantwortung.

 

Entscheidung

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Der Kläger sei zu Recht in Haftung genommen worden. Als Vorstand der AG sei er verpflichtet gewesen, für die ordnungsgemäße Abführung der Lohnsteuer Sorge zu tragen. Grundsätzlich habe jeder gesetzliche Vertreter alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Zwar sei es zulässig, eine Aufgabenverteilung im Vorwege schriftlich festzulegen. Doch selbst wenn eine solche vorliege, müssten in wirtschaftlichen Krisensituationen alle Vorstände aktiv werden. Hier sei bereits keine schriftliche Aufgabenverteilung erfolgt. Auch sei nicht erkennbar, dass der Kläger alles erforderliche getan habe, um die Steuerschulden zu begleichen.

 

Hinweis

Die Entscheidung behandelt einige wesentliche Aspekte aus dem Bereich der Haftung des gesetzlichen Vertreters wegen der Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten nach §§ 69, 34 AO. Wichtig sind dabei vor allem die folgenden Aspekte: grundsätzliche haften alle gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft für den Schaden, der daraus resultiert, dass den steuerlichen Pflichten einer Gesellschaft nicht in vollem Umfang nachgekommen wird. Dies gilt in einem besonderen Maße für die Pflichten, die im Zusammenhang mit der Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer stehen [1]. Ein Geschäftsführer oder Vorstand kann sich nur dann auf eine Unzuständigkeit berufen, etwa als reiner Vertriebsvorstand, wenn eine eindeutige schriftliche im Vorwege abgeschlossene Geschäftsverteilung vorliegt. Dies ist ständige Rechtsprechung des BFH [2]. Da eine solche Geschäftsverteilung hier nicht vorlag, ist die Entscheidung des FG nicht als überraschend anzusehen. Zudem ist darauf zu achten, dass diese Geschäftsverteilung nur so lange gilt, wie die Gesellschaft nicht grundsätzlich in Schwierigkeiten ist. Hat ein gesetzlicher Vertreter Anlass zu der Annahme, dass es Probleme bei der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten gibt, ist auch der eigentlich unzuständige gesetzliche Vertreter in der Pflicht.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 21.10.2010, 6 K 228/08

[1] vgl. Schwarz, AO, § 69 AO Tz. 16

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