Leitsatz

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ab 2007 nur noch dann als Werbungskos­ten abzugsfähig sind, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 5 Satz 1, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG 2002 vom 19.07.2006, § 69 Abs. 3 FGO, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Antragsteller ist als Förster tätig. Er reichte beim FA einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung für das Jahr 2007 ein. Er machte u.a. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, zu dessen Unterhaltung er als Forstbeamter dienstvertraglich verpflichtet sei, i.H.v. 716 € als Werbungskos­ten geltend. Diesbezüglich lehnte das FA die Eintragung ab. Der Einspruch blieb erfolglos. Hiergegen wurde Klage erhoben.

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab. Mit seinem gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung macht der Antragsteller geltend, dass die gesetzliche Neuregelung ab 2007 verfassungswidrig sei. Soweit der Abzug von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer auch dann versagt werde, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe und damit keine freie oder beliebige Einkommensverwendung, sondern zwangsläufiger, pflichtbestimmter Aufwand gegeben sei, liege ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip und den Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vor.

 

Entscheidung

Das FG hat dem Antrag nicht stattgeben, da keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung bestehen.

Die vorgenommene Differenzierung nach dem Mittelpunkt der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit -- und damit nach der Erforderlichkeit der Aufwendungen -- sei sachgerecht, um die Erwerbs- von der Privatsphäre abzugrenzen.

 

Hinweis

1. Nach der durch das Steueränderungsgesetz 2007 erfolgten Gesetzesänderung sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kos­ten für dessen Ausstattung nur noch dann als Werbungskos­ten abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

2. Der Senat ist der Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hinsichtlich der Neuregelung ab 2007 bestehen. Demnach konnte sich der Antragsteller nicht erfolgreich auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das daraus folgende Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit berufen.

3. Tatbestandsmerkmal der Abzugsbeschränkung ist das Wort „häuslich”. Demnach unterliegen außerhäusliche Arbeitszimmer nicht der Abzugsbeschränkung.

Zur Abgrenzung im Einzelfall ist die umfangreiche Rechtsprechung heranzuziehen. Siehe hierzu auch die Entscheidung des FG Köln vom 29.08.2007, 10 K 839/04 (Rev. VIII R 52/07). In dem entschiedenen Fall ging es um einen beruflich genutzten Raum in einem Mehrfamilienhaus. Hier haben die Richter entschieden, dass ein Raum, der nicht auf der gleichen Etage wie die Privatwohnung des Steuerpflichtigen liegt, nicht als häuslich zu qualifizieren ist, wenn keine Verbindung mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen zu einer gemeinsamen Wohneinheit besteht.

4. Eine Möglichkeit, die Gesetzesänderung zu umgehen, bietet die Vermietung des Arbeitszimmers an den Arbeitgeber. Hierzu hat die Verwaltung im BMF-Schreiben vom 13.12.2005, IV C 3-S 2253-112/05 Stellung genommen.

5. Ein von sechs Lehrerverbänden in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das von Dr. Christoph Görisch (Universität Münster) erstellt wurde, kommt zu dem Schluss:

„Auf der Grundlage der bisherigen Auslegung der Mittelpunktsklausel verstößt § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und ist damit verfassungswidrig.”

6. Bei den Finanzgerichten sind erste Haupt­verfahren anhängig (FG Rheinland-Pfalz 3 K 1132/07, FG Thüringen 4 K 351/07 und das Hauptverfahren im Besprechungsfall FG Berlin-Brandenburg 13 K 13110/07).

7. Eine Entscheidung durch den BFH bzw. das BVerfG ist wahrscheinlich. Wenn das Verfahren dort anhängig wird, werden die ESt-Bescheide 2007 vermutlich in einem weiteren Punkt vorläufig ergehen. Bis dahin verbleibt in geeigneten Fällen nur der Weg über den Einspruch.

Die Voraussetzungen einer Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO sind zurzeit noch nicht erfüllt. Dennoch sollte aufgrund der oben angeführten Verfahren eine Verfahrensruhe aus Zweckmäßigkeitsgründen angestrebt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.11.2007, 13 V 13146/07

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