Leitsatz

Nach der Änderung der Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung von Aufwendungen für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastung agB (BFH, Urteil v. 12.05.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015) können diese grundsätzlich anerkannt werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig auf den Prozess eingelassen hat, und die Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg hat.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt hat die von der Klägerin im Zusammenhang mit einem Arzthaftungsprozess als agB geltend gemachten Gutachterkosten unter Hinweis auf den Nichtanwendungserlasses v. 20.12.2011 (BStBl 2011 I S. 1286) nicht anerkannt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin im Klageverfahren vor, dass die Kosten nach der geänderten Rechtsprechung des BFH als agB anzuerkennen seien, da die Kosten eines Zivilprozesses, zu denen auch die Gutachterkosten zählten, nach Auffassung des BFH unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass nach der grundlegenden Änderung der Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung von Aufwendungen für einen Zivilprozess als agB (BFH, Urteil v. 12.05.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015) diese nunmehr grundsätzlich geltend gemacht werden können. Voraussetzung ist, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider eingegangen sein. Da das FG im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür sah, dass der Zivilprozess mutwillig oder leichtfertig begonnen wurde, hat es die geltend gemachten Kosten als agB anerkannt.

 

Hinweis

Da das FG die Revision nicht zugelassen hatte, hat das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und damit Erfolg gehabt. In dem Verfahren VI R 78/13 muss nun der BFH entscheiden. In diesem Verfahren wird sich zeigen, ob der BFH dem Nichtanwendungserlass des BMF (a. a. O.) folgt. Nach dem ab 1.1.2013 geltenden § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist ein Abzug von Prozesskosten als agB nur noch möglich, wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Frage, wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird nach Auffassung des Verfassers die FG ebenfalls wieder beschäftigen. Da bei vergleichbaren Sachverhalten die Finanzämter aufgrund der Anweisungen des BMF (a.a.O.) die Prozesskosten nicht als agB anerkennen werden, sollten die Betroffenen gegen die ablehnenden Steuerbescheide unter Hinweis auf das vorstehende Revisionsverfahren Einspruch einlegen. Das Verfahren ruht dann nach § 363 Abs. 2 AO kraft Gesetzes bis zur Entscheidung durch den BFH.

 

Link zur Entscheidung

Hessisches FG, Urteil vom 04.04.2013, 13 K 850/12

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