A. Grundaussagen

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Das ErbStG kennt keine originäre, sondern lediglich eine potenzielle Steuererklärungspflicht der Beteiligten eines Erwerbsvorgangs (s. aber Rz. 24). Erklärungspflichtig werden sie daher nur durch entsprechende Aufforderung der Finanzbehörde (§ 149 Abs. 1 Sätze 1, 2 AO).[2] Mit der Entscheidung, eine Erbschaft-/Schenkungsteuererklärung anzufordern, entschließt sich das Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt, ein Besteuerungsverfahren aufzunehmen (§ 86 Satz 1 AO).[3]

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Regelmäßig beruht diese Entscheidung auf den zuvor eingegangen Informationen der anzeigepflichtigen Personen, Institutionen und Behörden (s. § 30 ErbStG Rz. 1, 2). Ist der dadurch bekannt gewordene Erwerb (möglicherweise) steuerpflichtig, nicht eindeutig steuerfrei oder lässt sich dies nicht innerhalb von drei Jahren nach Eingang der ersten Mitteilung beantworten, muss der Sachverhalt unter Mitwirkung der Beteiligten[5] von Amts wegen aufgeklärt werden (§§ 86, 88, 90 AO).[6]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Selbstverständlich gilt diese Amtspflicht auch, wenn potenziell steuerbare Vorgänge auf andere Weise, z.B. durch Presse, Rundfunk und Fernsehen, bekannt werden. Deshalb ist im Falle der in § 30 ErbStG Rz. 10.1 erwähnten Zuwendungen eigentlich jedes der zurzeit noch 46 deutschen Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzämter[8] zur Aufnahme eines Besteuerungsverfahrens verpflichtet und müsste jeweils nach Bekanntwerden eines Schenkers die Sache an die zuständige Schenkungsteuerstelle abgeben.[9]

 

Rz. 4

[Autor/Stand] § 31 Abs. 1 Satz 3 ErbStG[11] erlaubt seit dem 29.12.2020[12] ausdrücklich auch "in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 (ErbStG)", d.h. für Zwecke der Erhebung der Ersatzerbschaftsteuer, dem zuständigen Finanzamt (s. § 35 Abs. 4 ErbStG[13]) die Anforderung von Steuererklärungen. Damit wurde keine lediglich klarstellende Regelung getroffen,[14] sondern eine langjährige Gesetzeslücke geschlossen.[15] Die Vorschrift wirkt daher konstitutiv und kann folglich für vor dem 29.12.2020 entstandene Ersatzerbschaftsteueransprüche – der Steuerentstehungszeitpunkt bestimmt sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG – nicht gelten. Ob sie allerdings tatsächlich für solche, nach dem 28.12.2020 entstehende Steueransprüche gilt, ist womöglich nicht exakt geregelt. Da § 37 Abs. 18 ErbStG[16] für die Anwendung aller mit dem JStG 2020 geänderten Vorschriften des ErbStG an steuerbare Erwerbe anknüpft, könnte es durchaus sein, dass der Disput darüber, ob es sich in Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG überhaupt um "Erwerbe" handelt, in Bezug auf § 30 ErbStG womöglich unergiebig geworden (s. § 30 ErbStG Rz. 29), nun bei Anforderung von Ersatzerbschaftsteuererklärungen wieder aufflammt.

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2021
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2021
[5] FG Hess. v. 14.10.2016 – 1 V 1598/16, nv.
[6] ErbStVA Tz. 1.5.3, BStBl. I 2018, 53; Gemeinsamer Ländererlass v. 22.12.1999 – S 3715 A – 5 – II B 41, UVR 2000, 191; OFD Hannover v. 14.7.2003 – S 3715 – 1 – StO 241, Haufe-Index: 1087023.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2021
[8] S. Verzeichnis der zuständigen Finanzämter in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 35 ErbStG Rz. 22; das rh.-pf. FA Kusel-Landstuhl hat seit 1.1.2015 im Wege der Organleihe die Zuständigkeit für die Erbschafts-/Schenkungsteuer des Saarlands übernommen.
[9] Vgl. ErbStVA Tz. 1.5.2.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2021
[11] Eingefügt durch das JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096.
[12] S. Art. 50 Abs. 1 JStG 2020, BGBl. I 2020, 3096. Das Gesetz wurde am 28.12.2020 verkündet.
[13] I.d.F. des JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096.
[14] So aber BT-Drucks. 19/22850, S. 178; Kien-Hümbert in Moench/Weinmann, § 31 ErbStG Rz. 3a.
[15] Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 31 ErbStG Rz. 10.
[16] I.d.F. des JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.09.2021

B. Steuererklärung

I. Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Das Besteuerungsverfahren beginnt i.d.R. mit der Zusendung entsprechender Steuererklärungsvordrucke, wenn die weitere Sachverhaltsklärung nicht auf einfachere Weise möglich ist.[2] Das Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt kann (muss aber nicht) hierzu jeden Beteiligten ohne Rücksicht auf seine persönliche Steuerpflicht auffordern, eine Steuererklärung binnen einer Mindestfrist von einem Monat abzugeben (§ 31 Abs. 1 Satz 2 ErbStG);[3] einer besonderen Begründung bedarf es regelmäßig nicht.[4] Dies führt zu einer – bei vorliegenden Anzeigen erneuten[5] – Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist (§ 171 Abs. 2 Nr. 1 AO)[6], allerdings nicht über das dritte Kalenderjahr nach dem Steuerentstehungszeitpunkt hinaus.[7] Mangels originärer Erklärungspflicht gilt dies jedoch nur für den Steueranspruch, der gerade gegenüber dem aufgeforderten Steuerpflichtigen besteht.[8]

 

Rz. 7

[Autor/Stand] Ver...

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