A. Verrentung der Steuerschuld (Satz 1)

I. Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG)

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Die Verrentung der Steuerschuld nach § 24 ErbStG ist nur möglich in den Fällen, in denen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (s. § 1 ErbStG Rz. 27) eine Ersatzerbschaftsteuer für (inländische s. § 2 ErbStG Rz. 71) Familienstiftungen und -vereine nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG alle 30 Jahre seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein erhoben wird.

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Die Familienstiftung hat einen Anspruch auf gleichmäßige Verrentung bei einem Zinsfuß von 5,5 % in 30 gleichen Jahresbeträgen. Dadurch kann die Steuerbelastung gleichmäßig verteilt werden. Steuersystematisch wird die Vorschrift als systemfremd kritisiert.[3] Angesichts des derzeitigen und auf bisher nicht absehbare Zeit unveränderten Niedrigzinses lief die Vorschrift mit dem vorgegebenen Zinssatz i.H.v. 5,5 % praktisch leer. Aufgrund der nunmehrigen Steigerung der Inflationsrate in den USA und in Europa dürfte sich dies bald ändern. Dennoch ist auf die bisherigen erhobenen Zweifel zur Verfassungsmäßigkeit des gesetzlich festgelegten Zinssatzes von 5,5% in § 12 Abs. 3 Satz 2 BewG einzugehen (s. § 12 Abs. 3 BewG Rz. 149 ff.).

Der BFH hat schon öfters zur Verfassungsmäßigkeit des gesetzlich festgelegten Zinssatzes Stellung genommen. So hatte er z.B. zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Nachzahlungszinsen i.S.v. § 233a AO i.H.v. 1 1/2 Prozent für jeden vollen Monat (§ 236 AO), jedenfalls ab dem Verzinsungszeitraum 2015, schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel.[4] Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen hat vor allem von Oertzen verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinsanteils auch in § 24 ErbStG.[5]

Nun hat zwar das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 8.7.2021[6] entschieden, dass die Vollverzinsung in fixer Höhe von 0,5 % pro Monat (6 % im Jahr) gemäß § 233a i.V.m. § 238 AO umfassend und für alle Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist und ab dem Verzinsungszeitraum 2019 unanwendbar ist und der Gesetzgeber die Pflicht zur Neuregelung bis 31.7.2022 hat. Das BVerfG hat jedoch ausdrücklich festgestellt, dass die Unvereinbarkeitserklärung sich nur auf alle von § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 erfassten Steuerarten erstreckt. Die für die Feststellung des Verfassungsverstoßes maßgeblichen Gründe treffen ebenso auf die übrigen in § 233a Abs. 1 S. 1 AO 1977 abschließend aufgezählten Steuerarten der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen- und Umsatzsteuer zu (Rz. 5c der Entscheidung). Eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO 1077 kommt dagegen nicht in Betracht (Rz. 242 der Entscheidung).

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt somit auch nicht für die Erbschaftsteuer. Der für Erbschaftsteuer zuständige BFH-Senat hat auch in seinem kurz darauf erfolgtem Urteil vom 15.7.2021[7] ausdrücklich nur die Rechtslage des § 12 Abs. 3 BewG wiedergegeben, wonach im Falle einer Abzinsung von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen ist (aber erst ab dem Zeitpunkt des Bedingungseintritts bei einer aufschiebenden Bedingung).

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.05.2022
[3] Meincke/Hannes/Holtz18, § 24 ErbStG Rz. 1; von Oertzen in von Oertzen/Loose2, § 24 ErbStG Rz. 3.
[4] BFH v. 25.4.2018 – IX B21/18, BStBl. II 2018,415, BFH/NV 2018, 748; s.a. BFH v. 3.9.2018 – VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279.
[5] von Oertzen in von Oertzen/Loose2, § 24 ErbStG Rz. 7 a.E.; beipflichtend Eisele in Kapp/Ebeling, § 24 ErbStG Rz. 2.1 und Kobor in Fischer/Pahlke/Wachter7, § 24 ErbStG Rz. 1.
[6] BVerfG v. 8.7.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, HFR 2021, 922 ff = NJW 2021, 3309 ff. = DStR 2021, 1934 ff.
[7] BFH v. 15.7.2021 – II R 26/19, BFH/NV 2022, 80 ff., ErbStG 2022, 4 ff. (Marfels).

II. Berechnung des Jahresbetrags

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Bei einer Laufzeit von 30 Jahren beträgt die einzelne Jahresleistung (in der Art einer Annuitätentilgung s. § 12 BewG Rz. 67) bei vorschüssiger Zahlung 6,52 % (Zahl 100 geteilt durch Kapitalisierungsfaktor 15,33 nach Hilfstafel 2; s. § 13 BewG Rz. 6 und 7) und bei nachschüssiger Zahlung 6,88 % (Zahl 100 geteilt durch Faktor 14,534 nach Hilfstafel 2a; s. § 12 BewG Rz. 67) der Steuerschuld.

Die Fälligkeit richtet sich nach § 220 Abs. 2 Satz 2 AO, d.h. erfolgt nicht vor Bekanntgabe des Steuerbescheids. Die Folgejahresraten sind dann jeweils ein Jahr später fällig. Strittig ist lediglich, ob diese stets zum 1.1. fällig werden.[2]

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Die Finanzverwaltung lässt auch sowohl die Verrentung eines Teilbetrags als auch die vorzeitige Ablösung verrenteter Jahresbeträge in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 2 ErbStG sowie die Bemessung der Verrentung auf einen kürzeren Zeitraum zu.[4] Die Berechnung des Jahresbetrags erfolgt durch Teilung der Zahl 100 durch den Vervielfältiger nach Anlage 9a zum BewG (s. § 13 BewG Rz. 5). Dies ergibt dann den Prozen...

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