A. Entwicklung der Abrundungsvorschriften

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Bei der Einheitsbewertung 1964 wurden die Einheitswerte, unabhängig davon, ob für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für Grundvermögen oder für Betriebsgrundstücke festgestellt, auf volle 100 DM abgerundet. Da ab dem 1.1.1996 wesentlich höhere Grundbesitzwerte bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und ab 1.1.1997 bei der Grunderwerbsteuer angesetzt werden, ist es im Interesse der Verwaltungsvereinfachung, so die Gesetzesbegründung[2], gerechtfertigt, dem durch eine Abrundung auf volle 1.000 DM Rechnung zu tragen. Diese Abrundung gilt sowohl für die land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwerte als auch für die Grundstückswerte. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft bewirkt sie, dass für kleinere Flächen, insbesondere für Stückländereien, kein Grundbesitzwert festgestellt wird, falls der Ertragswert unter 1.000 DM liegt.

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Durch das StÄndG 2001 ist § 139 BewG in der Weise geändert worden, dass die Grundbesitzwerte ab dem 1.1.2002 (§ 152 Abs. 1 BewG) auf volle 500 EUR nach unten abgerundet werden. Es fehlt in § 139 BewG eine Umrechnungsvorschrift für die Fälle, in denen Grundbesitzwerte vor dem 1.1.2002 in DM festgestellt wurden und nach dem 1.1.2002 in Euro anzusetzen sind. Damit gilt hier die allgemeine Rundungsvorschrift, nach der der auf DM lautende Betrag durch 1,95583 zu dividieren und anschließend auf den nächstliegenden Cent kaufmännisch auf- oder abzurunden ist. Dies bedeutet, dass die zweite Stelle hinter dem Komma aufgerundet wird, wenn die dritte Stelle 5 oder größer ist, dagegen die zweite Stelle hinter dem Komma abgerundet wird, wenn die dritte Stelle kleiner als 5 ist.

 

Beispiel

Ein Grundbesitzwert in Höhe von 110.000 DM ist wie folgt auf Euro umzurechnen:

110.000 DM : 1,95583 = 56.242,106 = 56.242,11 EUR.

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Hier wäre es angebracht gewesen, in § 139 BewG eine vergleichbare Rundungsregelung wie für die Einheitswerte 1964 bzw. 1935 (vgl. § 30 BewG) aufzunehmen. Dann wäre der auf Euro lautende Grundbesitzwert ohne Nachkommastellen für die Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zugrunde zu legen. Allerdings sieht H 24a ErbStH 2003 eine Auf- oder Abrundung in der für den Steuerzahler günstigsten Art auf volle Euro vor. Somit kann in dem Beispielsfall mit 56.242 EUR gerechnet werden.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.09.2019
[2] BR-Drucks. 390/96, 48.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.09.2019
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.09.2019

B. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Mit der Entscheidung des BVerfG v. 7.11.2006[2] musste sich der Gesetzgeber von der bisherigen Grundbesitzbewertung verabschieden und neue Bewertungsmethoden einführen, die eine hinreichende Nähe zum gemeinen Wert aufweisen. Dies ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz[3] im Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes realisiert worden. Für Zwecke der Grunderwerbsteuer verblieb es jedoch bei der Maßgeblichkeit des Vierten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes, das durch das Jahressteuergesetz 2007[4] redaktionell geändert wurde. Die Finanzverwaltung hat diese Änderungen der Bedarfsbewertung zu keinem Zeitpunkt durch eine Aktualisierung der ErbStR 2003 erläutert, sondern sich ausschließlich darauf beschränkt, die überarbeiteten Vorschriften durch gl. lt. Erl. v. 2.4.2007[5] zu kommentieren.

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.09.2019
[3] ErbStRG v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018.
[4] JStG 2007 v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878.
[5] Gl. lt. Erl. zur Umsetzung des JStG 2007 v. 2.4.2007, BStBl. I 2007, 314; Regelungen zur Anwendung des Vierten und Fünften Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2006.

C. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.6.2015

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Beschluss vom 23.6.2015[2] entschieden, dass § 8 Abs. 2 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts war vorhersehbar, so dass auch die rückwirkende Anordnung des Beschlusses vom 23.6.2015 weitreichend war und der Vierte Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes lediglich bis zum 31.12.2008 weiter anwendbar ist. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30.6.2016 rückwirkend zum 1.1.2009 eine Neuregelung zu treffen.

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Entsprechend der Änderung der in § 8 Abs. 2 GrEStG i.d.F. des Art. 8 Nr. 2 StÄndG 2015[4] enthaltenen Verweise gelten – rückwirkend – auch bei Bewertungen für Zwecke der Grunderwerbsteuer die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes. Betroffen sind bei der Grunderwerbsteuer alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.2008 verwirklicht werden, § 23 Abs. 14 Satz 1 GrEStG. Somit hat § 146 BewG nur noch Bedeutung für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2009.

 

Rz. 7

[Autor/Stand] Bei der Bewertung von Grundstücken nach dem Sechsten Teil des Zweiten Abschnitts des BewG für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 hat der Gesetzgeber auf eine entspreche...

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