Verordnung zur Durchführung des § 90 des Bewertungsgesetzes[1]

Auf Grund des § 90 Abs. 2 und des § 123 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1861) verordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates:

[1] VO v. 2.9.1966, BGBl. I 1966, 553 (im Folgenden "WertVO"), zuletzt geändert durch Art. 18 Nr. 3 Gesetz v. 19.12.2000 BGBl. I 2000, 1790.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Bei der Bewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist gem. § 83 Satz 1 BewG vom Bodenwert (§ 84 BewG), Gebäudewert (§§ 8588 BewG) und dem Wert der Außenanlagen auszugehen (§ 89 BewG). Dieser Ausgangswert ist durch die Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert anzugleichen (§ 83 Satz 2, § 90 Abs. 1 BewG). Der gemeine Wert eines Grundstücks wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Grundstücks bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, wobei ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse unberücksichtigt bleiben (vgl. § 9 Abs. 2 BewG); vgl. hierzu die Kommentierung zu § 9 BewG. Eine individuelle Wertermittlung anhand von Kaufpreisen oder eine Bewertung der Grundstücke durch unmittelbaren Preisvergleich mit Veräußerungspreisen für stichtagsnahe verkaufte Objekte wird damit ausgeschlossen.[2] Insbesondere erscheint es praktisch nicht möglich, einen gemeinen Wert gem. § 9 BewG anhand von Vergleichspreisen für andere Grundstücke zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund ist ein besonderes Bewertungsverfahren von Gesetzes wegen vorgesehen, dessen Anwendung der Regelung des § 9 BewG vorgeht. Die Bewertung nach dem Sachwertverfahren ist auf die Ermittlung eines typisierten gemeinen Wertes auf der Grundlage pauschaler Durchschnittsgrößen ausgerichtet. Dabei ist es im Einzelfall nicht ausgeschlossen, dass der Wert von einem Preis, der stichtagsnah gezahlt worden ist oder wäre, abweicht.[3]

 

Rz. 2

[Autor/Stand] § 90 Abs. 1 BewG unterstellt, dass der gem. §§ 83 ff. BewG ermittelte Herstellungswert (Sachwert) eines Grundstücks vom gemeinen Wert, d.h. dem Verkehrswert, in relevanter Weise abweicht. Konkret bedeutet dies, dass der Gesetzgeber in der Regelung von einem im Verhältnis zum gemeinen Wert höheren normalisierten Sachwert ausgeht.[5] Durch die Verwendung einer Wertzahl (Prozentsatz) auf den Sachwert erfolgt die als erforderlich angesehene Anpassung an den niedrigeren gemeinen Wert. In diese Angleichung wird auch der Bodenwert einbezogen, weil der Grund und Boden mit den auf ihm stehenden Gebäuden eine wirtschaftliche Einheit bildet und sein Wert von den aufstehenden Gebäuden beeinflusst wird.[6]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Mit der Wertzahl wird ein prozentualer Abschlag von dem als Ausgangswert ermittelten Sachwert vorgenommen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Anpassungsnotwendigkeit des Wertes in Abhängigkeit zur Zunahme des Alters zunehmen wird. Im Gegensatz dazu wird eine Anpassung der im Ertragswertverfahren ermittelten Werte für Grundstücke durch den Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr setzt der Gesetzgeber diesen Wert ohne weiteres mit dem gemeinen Wert gleich. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass es keine Erfahrungssätze hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen gemeinem Wert und steuerlichem Ertragswert gibt.[8]

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Die der Angleichung dienenden Wertzahlen sind nicht im Bewertungsgesetz selbst bestimmt, da die Vielzahl der bei der Ermittlung des gemeinen Werts in Betracht zu ziehenden wirtschaftlichen Merkmale ein stark differenziertes Wertzahlensystem notwendig macht.[10] Gem. § 90 Abs. 2 BewG werden die für die Anpassung des Sachwerts an den gemeinen Wert erforderlichen Wertzahlen durch eine Rechtsverordnung[11] festgesetzt. Der BFH geht davon aus, dass sowohl die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass der VO zu § 90 BewG als auch die Rechtsverordnung selbst den Anforderungen des Art. 80 GG genügen.[12]

Auf der Grundlage der Ermächtigung gem. § 90 Abs. 2 i.V.m. § 123 Abs. 1 BewG sind die Wertzahlen in § 2 WertVO zur Durchführung des § 90 BewG festgelegt worden. Im Hinblick auf den unterstellten niedrigeren gemeinen Wert erfolgt eine Festsetzung von 50 bis 85 % des ermittelten Ausgangswertes. Die Festlegung der zugrunde gelegten Wertzahlen erfolgten im Einzelnen unter Berücksichtigung von wertbeeinflussenden Umständen, insbesondere der Zweckbestimmung (Geschäftsgrundstücke, Mietwohngrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser sowie sonstige Bauten), der Verwendbarkeit der Grundstücke innerhalb bestimmter Wirtschaftszweige (z.B. Fabriken, Lagerhäuser, Warenhäuser, Hotels, Geld- und Kreditinstitute, Lichtspielhäuser, Theater) und der Gemeindegrößen. Für einzelne Grundstücksarten, Grundstücksgruppen oder Untergruppen können in bestimmten Gebieten, Gemeinden oder Gemeindeteilen besondere Wertzahlen festgesetzt werden, wenn es die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt erfordern. Als zusätzlicher wertbildender Faktor für die Wertzahl wurde das Alter des Gebäudes herangezoge...

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