Leitsatz

Der im nationalen Recht vorgesehene ermäßigte Umsatzsteuersatz für Personenbeförderungsleistungen im Nahverkehr durch Taxen ist unionsrechtskonform und gilt grundsätzlich nicht für entsprechende von Mietwagenunternehmern erbrachte Leistungen.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG, P § 47, § 49 Abs. 4 BefG, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-RL i.V.m. Anhang H Kategorie 5

 

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2003 bis 2006 in der Stadt A ein Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung. In ihren Umsatzsteuererklärungen unterwarf sie ihre Umsätze aus der Personenbeförderung mit Mietwagen innerhalb der Stadt A und bei Beförderungsstrecken von nicht mehr als 50 km dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Das FA folgte den Erklärungen nicht und besteuerte diese Umsätze mit dem Regelsteuersatz (16 %).

Das FG wies die Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 8.6.2010, 2 K 877/2008, EFG 2010, 1837).

 

Entscheidung

Das BFH-Urteil ist die Nachfolgeentscheidung zu dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 27.2.2014, C-455/12, den der Senat mit Beschluss vom 10.7.2012, XI R 22/10 im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens angerufen hatte (vgl. BFH/PR 2012, 407 f.).

Der BFH hatte den EuGH seinerzeit gefragt, ob die unterschiedliche Behandlung der Umsätze durch § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität in Einklang steht. Der Grundsatz der Neutralität verbietet es insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Nach Ergehen der EuGH-Entscheidung bestätigte der BFH nun das klageabweisende Urteil der Vorinstanz unter Hinweis darauf, dass die Beschränkung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungsleistungen mit Taxen entsprechend den Vorgaben des EuGH den Richtlinienbestimmungen entspricht und insoweit auch keine Verletzung des Neutralitätsgebots vorliegt.

Der nationale Gesetzgeber ist danach berechtigt, die Personenbeförderung im Nahverkehr per Taxi als öffentliche Dienstleistung, die besonderen Verpflichtungen unterliegt – u.a. Betriebspflicht, allgemeine Beförderungspflicht und Beachtung festgelegter Beförderungsentgelte – mit der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zu begünstigen, nicht aber die Personenbeförderung mit Mietwagen.

 

Hinweis

Nach § 12 Abs. 1 des in den Streitjahren 2003 bis 2006 geltenden UStG betrug die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage. Der Steuersatz ermäßigte sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auf 7 % u.a. für die Beförderungen von Personen "im Kraftdroschkenverkehr" innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km betrug.

Mietwagen fallen weder vom Wortlaut der nationalen Bestimmung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG noch nach dem Sinn und Zweck der Regelung unter den Begriff "Kraftdroschke" (= "Taxi"), sodass der ermäßigte Steuersatz keine Anwendung findet. Beide Formen der Personenbeförderung sind durch das Personenbeförderungsgesetz eindeutig voneinander abgegrenzt.

Die unterschiedliche Behandlung von Kraftdroschken- bzw. Taxenverkehr einerseits und Mietwagenverkehr andererseits durch § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG hat das BVerfG nicht beanstandet.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 2.7.2014 – XI R 22/10

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